Bad Godesberg geht baden

Einst Haupteinnahmequelle und ganzer Stolz des Kurorts, sind die Schwimmbäder heute ein Subventionsgeschäft.

 Dass Kinder und Erwachsene weiter im "Friesi" planschen können, dafür setzen sich die Freibad Freunde Friesdorf ein.

Dass Kinder und Erwachsene weiter im "Friesi" planschen können, dafür setzen sich die Freibad Freunde Friesdorf ein.

Foto: Barbara Frommann

Heute ist Cziudaj 68 Jahre alt und spricht regelmäßig bei der Stadtverwaltung vor. Dafür, dass die das Friesdorfer Freibad nicht schließen lässt. Cziudaj ist Stadträtin und Vorsitzende des Vereins "Freibad Freunde Friesdorf", der rund 2 300 Mitglieder zählt und das "Friesi" schon oft vor der Schließung gerettet hat. Nun steht die nächste Kraftprobe an. "Wir lassen uns nicht unterkriegen", sagt sie.

Der Kampf um das kleine Bad zeigt, wie sehr sich Bad Godesberg verändert hat: Über Jahrhunderte waren Wasser und Bäder nicht nur eine wichtige Einnahmequelle, sondern der ganze Stolz von Godesberg. Heute sind sie ein Subventionsgeschäft: Jeden Besuch im Schwimmbad bezuschusst die Stadt mit durchschnittlich knapp fünf Euro.

Allein rund 138 000 Euro pumpt sie jedes Jahr in das kleine Familienbad in Friesdorf, dazu kommen circa 325 000 Euro für das Rüngsdorfer Freibad und etwa 400 000 Euro für das Kurfürstenbad - das letzte Bad mit Mineralwasserbecken. Und das letzte Bad, das noch an die ruhmreiche Zeit unter Max Franz erinnert.

Der Kurfürst hatte im Jahr 1790 die erste Godesberger Badesaison eröffnet - zu einer Zeit, als Heilbäder der neueste Schrei in Europa waren. Ob in Aachen, Karlsbad, Pyrmont oder Spa: Überall glaubten die Menschen damals an die heilende Kraft des Wassers. Doch während sich die Badegäste in Aachen und Spa in heißem Wasser tummelten, wateten die Besucher Godesbergs schlotternd durch kalte Kneippbecken in der "Kaltwasserheilanstalt". Auch mit der Heilkraft des Godesberger Wassers war es nicht allzu weit her, wie Martin Ammermüller vom Verein Heimatpflege und Heimatgeschichte bestätigt. "Warum wir diesen Bad-Titel bekommen haben, ist mir ein Rätsel", sagt Ammermüller.

Wenig rätselhaft ist deswegen, dass es heute keines der alten Kneippbäder mehr gibt: Wo früher die Kaltwasserheilanstalt war, steht seit 1935 das Rathaus. Das Mineralbad an der Draitschquelle wurde 1972 abgerissen. Stattdessen bekam Godesberg zwei neue Freibäder: 1930 das Panoramabad, das "Rüngsi", in dem es nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein eigenes Becken für Amerikaner, Franzosen und Botschaftsangestellte gab. 1961 eröffnete das "Friesi". Das kleine Bad wurde zum Geheimtipp unter den Politikern der jungen Bonner Republik.

Immer wieder standen im Sommer Limousinen und Sicherheitsleute vor dem Bad an der Margaretenstraße, selbst Bundespräsident Gustav Heinemann schwamm im "Friesi" gerne ein paar Bahnen.

Dass Schwimmen dort auch heute noch möglich ist, hat Godesberg den "Freibad Freunden Friesdorf" zu verdanken. 1993 schlossen sich Badegäste zu dem Verein zusammen, als die Stadt das "Friesi" zum ersten Mal trocken legen wollte. Dagegen sammelten die Bürger Unterschriften und zogen mit Plakaten durch die Straßen.

Dann legten sie selbst Hand an: Sie bauten eine Solaranlage, um das Wasser zu beheizen, richteten einen Kinderspielplatz ein, installierten ein Sonnensegel. Alles vom Geld der Vereinsmitglieder. Das Schwimmbad blieb geöffnet. Im Moment lassen die Freibad-Freunde Rettungsschwimmer ausbilden, um die Stadt finanziell zu entlasten.

Dennoch hält man sich bei der Verwaltung bedeckt, wenn es um die Zukunft der Bäder geht. "Ende des Jahres kommt die Analyse zur Bonner Bäderlandschaft, die der Stadtrat in Auftrag gegeben hat", sagt Detlef Griesbach vom Sport- und Bäderamt. "Vorher ist jede Spekulation über Schließungen sinnlos."

Ingeborg Cziudaj will weiter kämpfen. Friesdorf ohne Freibad - das ist für die CDU-Politikerin nicht vorstellbar. Vielleicht, weil sie eine ähnliche Situation schon mal erlebt hat: Bevor Cziudaj schwimmen lernte, stand sie oft am Maschendrahtzaun hinter dem Beckenrand und schaute den anderen beim Schwimmen zu. Sie will nicht noch einmal an einem heißen Nachmittag hinter einem Zaun stehen und nicht schwimmen gehen können.

Dafür muss sie aber auch bei ihren Parteifreunden dicke Bretter bohren. Denn die CDU/Grünen-Koalition im Stadtrat hat das letzte Wort, wenn es darum geht, welches Bad weiter öffnen darf und welches nicht.

Die Bäder im Stadtbezirk##ULIST##

Panoramabad: Das "Rüngsi" wurde am 21. Mai 1930 eröffnet. Pro Jahr kommen 70 000 bis 86 000 Besucher in das Panoramabad, das seinen Namen dem Blick auf das Siebengebirge verdankt. Jährlich wird der Betrieb mit 290 000 bis 360 000 Euro bezuschusst. Das Bad liegt im Villenviertel direkt am Rhein. Es hat ein 50-Meter-Sportbecken, einen Wildwasserkanal, ein Planschbecken und einen Zehn-Meter-Sprungturm.Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 6.30 bis 20.00 Uhr, Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 9.30 bis 20 Uhr.

  • Freibad Friesdorf: Das "Friesi" gibt es seit dem 26. Mai 1961. Jährlich tummeln sich 29 000 bis 34 000 Wasserratten in den Becken. Der Zuschussbedarf liegt bei 120 000 bis 156 000 pro Jahr. Das kleinste Bonner Freibad hat ein 25-Meter-Sportbecken mit Ein-Meter- und Drei-Meter-Sprungmöglichkeit, ein Nichtschwimmerbecken und ein Planschbecken sowie einen Kinderspielplatz. Das Friesdorfer Freibad ist montags bis freitags von 6.30 bis 20 Uhr sowie samstags, sonntags und feiertags von 9.30 bis 20 Uhr geöffnet.
  • Kurfürstenbad: Das Bad Godesberger Hallenbad wurde am 15. September 1964 eröffnet. Rund 66 000 Schwimmer kommen im Jahr vorbei. Das Bad wird jährlich mit gut 400 000 Euro bezuschusst. Das Kurfürstenbad ist das einzige Bad in Godesberg, in dem es noch Mineralwasserbecken gibt. Die Heilabteilung im Erdgeschoss bietet medizinische Bäder und Massagen. Auf der ersten Etage gibt es eine Schwimmhalle mit 25-Meterbecken und Ein- und Drei-Meter-Sprungbrett sowie eine Saunaabteilung mit Außenbereich. Montags ist das Bad geschlossen. Die weiteren Öffnungszeiten: dienstags von 6.30 bis 8 Uhr und von 13 bis 21 Uhr, mittwochs und freitags von 6.30 bis 8 Uhr und von 13 bis 17.45 Uhr, donnerstags von 6.30 bis 17.45 Uhr, samstags von 7 bis 17 Uhr sowie sonntags und feiertags von 9 bis 17 Uhr. Bis 28. August ist das Kurfürstenbad wegen Sommerpause geschlossen.

Die Eintrittspreise sind in allen Bonner Bädern gleich: Kinder und Jugendliche von sieben bis 18 Jahren zahlen 2,50 Euro, für Erwachsene kostet der Eintritt vier Euro, in den Freibädern ab 18 Uhr drei Euro.

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