Aloisiuskolleg: Wer muss Verantwortung übernehmen?

Der ehemalige Ako-Rektor Pater Theo Schneider meldete schon im Jahr 2004 Missbrauchsfälle an die Jesuitenspitze.

Aloisiuskolleg: Wer muss Verantwortung übernehmen?
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Bonn. Es gibt ein Ziel, über das sich in der aktuellen Aufklärungsarbeit der Missbrauchsfälle am Aloisiuskolleg der Jesuitenprovinzial, das Kolleg, das externe Untersuchungsteam und die Opfergruppe "Eckiger Tisch" nahezu einig sind.

"Wir wollen transparent machen, was geschehen ist, und wissen, wer welche Verantwortung trägt und zu übernehmen hat", formulierte es Ako-Internatsleiter Christopher Haep vor dem Bonner Schulausschuss.

Zumal der letzte lebende Beschuldigte, der 82-jährige ehemalige Schulleiter, gegen den die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelte, verstorben ist. Wer wusste also wann was und ging wie mit den brisanten Informationen um?

Der GA fragt nach bei einem heute 61-Jährigen, der in den 50er und 60er Jahren von einem -Pater immer wieder missbraucht worden war. Gerade in den für die Entwicklung so wichtigen Jahren bis aufs Blut gedemütigt worden zu sein, das habe schocktief gefroren in ihm gesteckt.

"Und irgendwie hatte ich ja auch geglaubt, selbst Schuld zu tragen." Mit quälendem Schamgefühl und furchtbarer innerer Einsamkeit habe er alle die Jahre für die Erfahrungen bezahlt.

Was auch eine normale, ungezwungene Beziehung zu seinen damaligen Klassenkameraden unmöglich machte. "Es war wie eine Exkommunikation, ein Ausschluss aus der Gemeinschaft." Erst im Frühjahr 2004 in einer gesundheitlichen Krise sei es aus ihm herausgebrochen. Und er habe vom Krankenbett aus den damaligen Ako-Internatsleiter Pater Theo Schneider angerufen und ihm erzählt, was in ihm brannte.

Der habe ihm versprochen, die Jesuitenzentrale sofort über diese gravierenden Missbrauchsfälle zu informieren, sagt der Mann. "Und er wollte mich zurückrufen. Das hat er nie getan." Schneider, der Anfang Februar von seinem Amt als Ako-Rektor zurücktrat und jetzt in der Jesuitenkommunität Mannheim lebt, bestätigt dem GA, dass das Opfer ihm Anfang 2004 "vom schweren Missbrauch an ihm" berichtet habe.

"Ich habe umgehend das Provinzialat, damals Pater Meures, informiert." Gemäß dieser Rücksprache habe er die Daten des Opfers an die damalige Beauftragte für Missbrauchsfälle, eine Ordensschwester, weitergegeben.

Das Opfer wiederum fasste erst Ende Januar 2010 im Zuge der Aufdeckung des Skandals auch am Ako den Mut, Pater Schneider wieder auf die Vorfälle anzusprechen. "Ich wollte in meinem Fall Genaueres über die Seilschaften der Jesuiten wissen." Schneider habe ihn am Telefon sofort an der Stimme und am geschilderten Fall wiedererkannt.

"Und dann hat er gesagt, der Provinzial habe ihn 2004 glattgebügelt, als er ihm von seinem Missbrauchsfall berichtet habe." Er sei angewiesen worden "nicht Sherlock Helmes zu spielen, sondern sorgen Sie dafür, dass das Ako-Internat voll wird", erinnert sich das Opfer.

Schneider bestätigt dem GA den Anruf des Mannes, datiert ihn auf den 7. Februar, den Tag vor seinem Rücktritt. Er habe deshalb extra eine Sitzung unterbrochen. "Sein Anliegen war mir präsent, und wir haben etwa eine Stunde miteinander telefoniert. Am nächsten Tag bin ich zurückgetreten und habe das Haus verlassen", schreibt Schneider dem GA. Er sei bereit, den Gesprächsfaden mit dem Opfer wieder aufzunehmen.

Auf etwaige Anweisungen seines damaligen Provinzials geht er nicht ein. Der damalige Kölner Provinzial der Norddeutschen Jesuitenprovinz war Pater Franz Meures. Der frühere Jugendseelsorger am ebenfalls von Missbrauchsfällen belasteten Berliner Canisiuskolleg ist seit 2005 Rektor der kirchlichen Ausbildung- und Begegnungsstätte "Germanicum" in Rom.

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