Ako-Schüler sieht sich als Missbrauchsopfer

Ein jetziger Oberstufenschüler hat den Übergriff von 2005 durch einen ehemaligen Ako-Pater angezeigt.

Ako-Schüler sieht sich als Missbrauchsopfer
Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Das ist der "worst case", der schlimmstmögliche Fall, den die Verantwortlichen des Aloisiuskollegs (Ako) befürchtet hatten. Am Montagabend musste Kollegssprecher Robert Wittbrodt eingestehen, dass ein jetziger Oberstufenschüler einen noch im Jahr 2005 verübten sexuellen Übergriff durch den heute 82-jährigen ehemaligen Schulleiter bei der Bonner Staatsanwaltschaft anzeigen werde.

Mit diesem Fall müsse erstmals ein noch am Kolleg lernender Schüler zu den Missbrauchsopfern des Anfang 2009 in ein Pflegeheim übergewechselten Paters gezählt werden.

Und damit würde in Bezug aufs Ako erstmals ein Fall, der nicht verjährt wäre, vors Gericht gebracht. Wie berichtet, wird der frühere Internats- und Schulleiter in derzeit um die 30 Fällen des sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen verdächtigt.

Der Oberstufenschüler habe sich auf das schulische Angebot der Gesprächsbereitschaft hin gemeldet und sich anvertraut, so der Kollegssprecher. Der Jugendliche habe vor fünf Jahren "ein unschönes Erlebnis" mit dem noch bis Ende 2008 auf dem Ako-Gelände lebenden Jesuitenpater gehabt, habe sich aber, wie er sage, von selbst wieder aus der Situation befreien können.

Diese Situation habe, wie bei anderen Fällen, mit dem morgendlichen Duschen im Jungeninternat zu tun gehabt. Zurzeit bereite ihm das Erlebnis zwar "kein mentales Problem", aber er wolle es anzeigen. Die Staatsanwaltschaft prüfe momentan, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleite. "Bei aller Bestürzung sind wir froh, dass der Junge auf uns zugekommen ist und Vertrauen hat", sagte Wittbrodt dem GA.

So könne man als Schule an diesem Fall und an den im Voraus schon gemeldeten möglichen Missbrauchsfällen durch den ehemaligen Internats- und Schulleiter weiterarbeiten und den Opfern und Angehörigen Hilfsangebote machen.

Ende der ersten Märzwoche wolle das Ako einen internen Zwischenbericht über alle bislang bekannt gewordenen Vorwürfe gegen den betreffenden Pater zusammengestellt haben und ihn erst der Lehrerkonferenz und dann der Elternschaft vorstellen, so Wittbrodt. Außerdem habe man die Missbrauchsbeauftragte des Jesuitenordens, die Berliner Anwältin Ursula Raue, ins Kolleg eingeladen, um mit ihr gemeinsam zu beraten.

Raue hatte am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Berlin bislang nur über Missbrauchsfälle an anderen Jesuitenschulen Deutschlands informiert, die allesamt verjährt seien.

Sie kündigte an, den entsprechenden Bericht über das Ako noch nachreichen zu wollen. Der Oberstufenschüler, der sich jetzt dem Ako als Opfer des 82-jährigen Paters anvertraute, hat seinen Fall ebenfalls bei der Berliner Anwältin gemeldet.

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