Ako-Rektor macht den Weg für Aufklärung frei

Die Anschuldigungen gegen einen 82-jährigen Pater wegen sexueller Übergriffe auf Schüler des Kollegs verdichten sich

  Reichte seinen Rücktritt ein:  der Rektor des Ako, Pater Theo Schneider.

Reichte seinen Rücktritt ein: der Rektor des Ako, Pater Theo Schneider.

Foto: Ronald Friese

Bad Godesberg. Der Rektor des Aloisiuskollegs (Ako), Pater Theo Schneider, ist am Montag zurückgetreten. Das teilte der Jesuiten-Orden in München am Abend auf seiner Homepage mit.

Provinzial Stefan Dartman habe den Rücktritt angenommen. Schneider habe diesen Schritt getan, um "eine lückenlose Aufklärung aller im Raum stehenden, einschließlich der gegen seine eigene Person gerichteten Vorwürfe" zu ermöglichen. Auslöser des Rücktritts sind die sexuellen Übergriffe auf Schüler, die Patres in den vergangenen Jahrzehnten begangen haben sollen und nach GA-Informationen eine Anzeige einer Mutter eines Schülers. Schneider selbst war am Montagabend nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Derweil verdichten sich die Anschuldigungen gegen einen 82 Jahre alten Pater. Der Mann liegt seit Anfang 2009 in einem Pflegeheim. Wie berichtet, versicherten dem GA ehemalige Internatsschüler, dieser Pater habe sich in den 70er Jahren und von 2001 bis 2004 in der Ako-eigenen Stella Rheni an Jungen vergangen. Jetzt komplettieren weitere Geschädigte das Bild.

Der Ex-Interne Miguel Abrantes Ostrowski, der 2004 mit einem Buch den Stein schon mal ins Rollen gebracht hatte, erzählt nun für die achtziger Jahre, wie der Pater ihn und einen Freund zwang, für Fotos nackt in eindeutigen Posen Modell zu stehen. Und ein anderer bezeugt für die neunziger Jahre, dass der Jesuit Schützlinge, denen das Ako die Reise bezahlte, zum Nacktbaden und -segeln mit ihm zwang.

Dabei muss der beschuldigte Pater am Ako ein für Heranwachsende faszinierender Mensch gewesen sein. Im Internet ist sogar eine ihm gewidmete "Kyrie eleison"-Komposition zu finden. Aber: "Er war die personifizierte Macht. Er führte ein Regiment der Angst", sagte ein Ehemaliger dem GA.

Der 82-Jährige war von seinen mehr als 40 Jahren am Ako 26 Jahre lang in leitender Funktion tätig: von 1967 bis 1984 als Internatsleiter und von 1985 bis 1993, also bis zum Ende der Zeit, in der nur der Orden das Sagen hatte, als Schulleiter.

Der jetzige Rektor Pater Theo Schneider gibt denn auch in einer am Montag auf der Homepage veröffentlichten Stellungnahme zu, das Kolleg müsse sich "den Vorwurf gefallen lassen, die Aufklärung in der Vergangenheit nicht offensiv genug betrieben zu haben. Wir bedauern dies zutiefst". Zwar sei auf das Ostrowski-Buch hin 2007 ein Mediationsverfahren zwischen dem beschuldigten Pater und einem Altschüler eingeleitet worden, "es wurde 2007 jedoch einvernehmlich abgeschlossen".

Verständlich nun, dass Schneiders Blick am Montag in die Gegenwart gerichtet ist. Gerade hat er der Mittel- und der Oberstufe Rede und Antwort gestanden. Am Abend wollen die Eltern Bescheid wissen. "Wir haben keine Kenntnis von Vorwürfen, die sich gegen derzeit aktive Jesuiten oder Mitarbeiter richten", wird der Rektor nicht müde zu betonen. Und die Aufarbeitung?

Man gehe allen Sachverhalten konsequent nach. Er stehe im Kontakt zur Bonner Staatsanwaltschaft, antwortet er auf Nachfrage. Falls es zu Ermittlungen kommt, werde das Ako zur Klärung beitragen. Nach GA-Information haben Eltern eines Opfers Klage gegen Schneiders Ex-Kollegen erhoben.

Und auch in anderer Beziehung ist die Vergangenheit noch längst nicht abgeschlossen. Am Montag meldete sich ein Ex-Schüler, der die Missbrauchsanschuldigungen gegen einen 1972 verstorbenen Ako-Pater für die 60er Jahre ( der GA berichtete) ebenfalls bezeugt.

Der beliebte Pater sei nach seinen Taten plötzlich vom Orden nach Tirol versetzt worden, wo er alsbald schon wieder eine Ministrantengruppe um sich versammelt habe. Die katholische Kirche habe sich immer nur um die Täter gekümmert, prangert GA-Leser Wolfgang Ort an: "Die Opfer sind in ihrem lebenslangen Leid allein gelassen."

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