Poppelsdorfer Weiher 42 Schildkröten müssen umziehen

Bonn · Der Graben am Schloss muss leer gepumpt werden, bevor er saniert werden kann. Für 42 Schildkröten wird eine neues Zuhause gesucht.

 Der Wasserstand des Poppelsdorfer Weihers ist schon deutlich gesunken. Später wird die Böschung neu befestigt.

Der Wasserstand des Poppelsdorfer Weihers ist schon deutlich gesunken. Später wird die Böschung neu befestigt.

Foto: Barbara Frommann

Arglos schwimmt ein kleiner Weißfisch im Poppelsdorfer Melbweiher vor sich hin. Die Menschenbeine in olivfarbener Schutzhose, die durch das trübe Wasser auf ihn zu waten, scheint er nicht zu bemerken. Ob er wohl das Dröhnen des Motors hört, der die elektrische Angel antreibt, die jetzt neben ihm ins Wasser gleitet? Schon hat der Stromfluss ihn erwischt, betäubt steigt der schuppige Wasserbewohner an die Oberfläche. Davon, dass ein Kescher ihn und einige Artgenossen aus dem Wasser schöpft, Menschenhände ihn in einen Plastikeimer, dann in einen großen Plastikcontainer verfrachten, bekommt er nichts mit.

Nach einer Weile lässt die Betäubung nach und der Fisch erkundet seine neue Umgebung. Dass er sich auf einem Anhänger befindet und wohin die Reise gehen soll, kann er wohl nicht erahnen. Wie jenem kleinen Weißfisch erging es am Samstag unzähligen Artgenossen und Barschen, 72 Hechten, 10 Welsen und einem Aal. Weil der Wassergraben am Poppelsdorfer Schloss saniert werden soll, wurden seine Bewohner abgefischt, sortiert, gezählt und abtransportiert.

Die Abfischung, die von Mitgliedern des Fischereivereins "Natur- und Angelfreunde Stein/Blankenberg" (NAF Stein) durchgeführt wurde, ist Teil eines Aktionspakets, um den Weiher optisch und ökologisch wieder herzurichten. Seit der letzten Reinigungsaktion vor 20 Jahren haben sich große Mengen Faulschlamm angesammelt. Das Gewässern drohte umzukippen. "Ein Fischsterben wäre wahrscheinlich die Folge gewesen", erklärt der Direktor der Botanischen Gärten der Universität Bonn, Maximilian Weigend.

Sechs Wochen lang wurde das Wasser des Weihers abgepumpt, so dass es nur noch hüfthoch steht. In den nächsten Wochen wird auch das restliche Wasser entfernt. Nur etwa 50 Prozent der Fische haben die Angelfreunde durch das Elektrofischen am Samstag fangen können, schätzt ihr Vorsitzender Robert Giershausen. Die Angler werden wiederkommen, wenn ein weiterer Teil des Wassers abgepumpt ist.

Sobald der Weiher trocken liegt, wird der Schlamm entfernt und allerlei Müll, der sich in den vergangenen 20 Jahren angesammelt hat, darunter zwei Gartenstühle und ein Kinderwagen, auf die der abgesenkte Wasserspiegel schon jetzt den Blick freigibt. Das Jahrhunderte alte Ufer des künstlichen Gewässers ist nach und nach abgerutscht und muss neu befestigt werden. Außerdem soll die Stützmauer zur Poppelsdorfer Allee und die im Garten gelegene Weiherbrücke saniert werden. Die Kosten, - laut Schätzungen Weigends im sechsstelligen Bereich - trägt die Universität Bonn und der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB).

Bei den Besuchern des Botanischen Gartens sind vor allem die nordamerikanischen Rotwangen-Schmuckschildkröten beliebt, die sich im Sommer auf den knorrigen Robinienstämmen im Poppelsdorfer Weiher sonnen. Aus Angst, sie könnten durch die elektrische Angel auch betäubt werden, auf den Grund des Teichs sinken und sterben, haben Mitarbeiter des Botanischen Gartens in den vergangene Wochen nach und nach 42 Panzertiere eingesammelt und in einem beheizten Becken hinter den Gewächshäusern untergebracht.

Eigentlich sollen die Schildkröten, die von ihren Besitzern im Teich ausgesetzt wurden, nach der Sanierung nicht wieder dort angesiedelt werden, sagt Weigend. "Für die heimischen Amphibienarten wie Frösche und Molche sind sie eine massive Bedrohung." Bisher fehlen aber Abnehmer für die Schildkröten.

Der kleine Weißfisch und seine Artgenossen haben bereits eine neue Heimat gefunden. Sie wurde nach Hennef in in die vereinseigene Teichanlage der Angelfreunde gebracht.

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