Wie in einer Fernseh-Gerichtsshow

Zum Bericht "Die 71 Tage der Beate Zschäpe" vom 7. Januar

Dem trefflich formulierten Artikel könnten noch weitere Anaphern hinzugefügt werden: An 71 Tagen erscheint sie in einem anderen Outfit, mal elegant, mal sportlich; mit anderen Frisuren, mal glatt, mal lockig, mal mit Zopf oder hochgesteckt. An 71 Tagen wurde die frühere Brille zugunsten optisch besser wirkender Kontaktlinsen abgelegt. An 71 Tagen gleicht der Auftritt von Beate Zschäpe vor Gericht eher dem eines Medienstars auf dem roten Teppich. Und so muss sich die Angeklagte ob des Medienrummels um ihre Person auch fühlen.

Mein Fokus ist jedoch nicht vorrangig auf diese Äußerlichkeiten gerichtet. Sie dokumentieren nur optisch das ungeheuerliche Auftreten und die Respektlosigkeit der Angeklagten vor den Opfern und dem Gericht. Wieso kann eine durchschnittlich gebildete Schwerkriminelle solche Macht ausüben und ein ganzes Rechtssystem verhöhnen? Wenn man es leider nicht besser wüsste, würde man die Verhandlungen für eine TV-Gerichtsshows halten, in der Beate Zschäpe Regisseurin, Hauptdarstellerin und Produzentin in einer Person verkörpert.

Wenn ein Angeklagter im deutschen Recht schweigen darf, dann soll er auch bei den Verhandlungen schweigen und nicht mit den drei Anwälten "schwatzen". In Italien werden Mafia-Verbrecher bei Gerichtsverhandlungen angekettet in Käfigen vorgeführt. So weit sollen wir es vielleicht nicht kommen lassen. Aber es gibt eine zulässige Maßnahme im Strafvollzugsgesetz: die Versagung oder Entzug der Befugnis eigene Kleidung oder Wäsche zu tragen.

Christa Klein, Bonn

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