Wege aus einer ausweglosen Situation

Zu den Berichten zum Thema Sterbehilfe und zum Kommentar "Die Debatte umkehren" von Norbert Wallett vom 15. Juni

 "Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben", ist im Hospiz des Juliusspitals in Würzburg zu lesen. FOTO: DPA

"Wir können dem Leben nicht mehr Tage geben, aber den Tagen mehr Leben", ist im Hospiz des Juliusspitals in Würzburg zu lesen. FOTO: DPA

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Bisher habe ich ein selbst bestimmtes Leben geführt und möchte auch selbst über meinen Tod bestimmen. Es ist ja vielleicht sozial gedacht, dass als Alternative zum passiven oder aktiven Suizid die Anzahl der Hospize und Palliativstationen vergrößert werden soll. Die Pfleger und Sterbehelfer bewundere ich wirklich für ihr aufopferungswilliges Engagement.

Für den, der vielleicht Monate und Jahre, von Morphium beduselt, mit Windeln im Bett liegen möchte, mehrmals am Tag gestreichelt und liebevoll angesprochen werden möchte, ist das ja vielleicht ein lebenswertes Leben.

Für mich nicht. Wenn ich sterbenskrank bin, möchte ich nicht halb bewusstlos, selbst wenn mir die Schmerzen genommen werden, dahindämmern. Ich möchte, dass man mein Leiden schmerzlos beendet, so wie man es jedem Haustier gönnt.

Barbara Swietlinski, Siegburg

Der Beitrag "Irmgard beschließt zu sterben" endet mit den Fragen: "Welche wirklichen Alternativen zum assistierten Suizid bietet die Gesellschaft?" und "Was ist Menschenwürde"? Bezieht man die letzte Frage auf einen würdigen Tod, beantworten die Beispiele im Artikel selbst und die darunter aufgeführten prominenten Fälle zumindest die Frage, was eher kein Tod in Würde ist.

Akzeptiert man das Recht eines jeden Menschen auf Suizid (auch unabhängig von einer Erkrankung) gibt es wohl auch keine Alternative zum assistierten Suizid. Es steht leider zu befürchten, dass ausschließlich religiös motivierte Gegnerschaft zu einer vernünftigen Neugestaltung der jetzigen Gesetzeslage erfolgreich sein wird.

Jürgen Peters, Bad Honnef

Ihr Bericht über den Freitod einer Sterbenskranken könnte unser Bericht sein, besser der meiner Freundin, die ich im November in die Schweiz begleitet habe. Auch meine Freundin war zielgerichtet und bei sehr klarem Verstand. Das Verfahren ist unglaublich kompliziert und sehr teuer. Die Bestätigung der Geburtsurkunde (und auch der Heiratsurkunde) darf nicht älter als sechs Monate sein.

Wenn Sie in dieser Zeit noch nicht sterben möchten, müssen sie die Bestätigungen erneut anfordern. Wenn Sie den "richtigen" Zeitpunkt verpassen und nicht mehr bei klarem Verstand sind, wenn Sie in der Schweiz ankommen, dürfen Sie wieder nach Hause fahren. Die Ärzte, die für Dignitas arbeiten, laufen Gefahr, beim kleinsten Fehler ihre Approbation zu verlieren.

Ihrer Familie konnte ich durch viele Fotos, die ich gemacht habe, dokumentieren, dass meine Freundin glücklich gestorben ist. Sie war am Ziel. In meiner Rückmeldung an Dignitas habe ich die letzte Frage Nr. 7 "Gibt es sonst noch etwas, was Sie uns mitteilen möchten?" beantwortet mit "Ich würde mir einen Tod wie den meiner Freundin wünschen".

Ilse Burgass, Bonn

Während in derselben Ausgabe von Frau Matthäus-Meier die großmehrheitlich geteilte Meinung der Bevölkerung zur passiven Sterbehilfe wiedergegeben wird, spiegelt der Kommentar von Herrn Wallet nur eine restriktiv ultrakonservative, von der katholischen Kirche gestützte Haltung. Hierbei wird das Selbstbestimmungsrecht des Menschen über sein Leben nur scheinbar aufrecht erhalten. Es geht um Beihilfe zum Freitod. Ich wiederhole hier keine bekannten Fakten, sondern widerlege in einigen Punkten und in der gebotenen Kürze die Argumentation. 1. Zunächst bekennt er sich zur Selbstbestimmung des Menschen über sein Leben. Dieser dürfe aber keinen Dritten beauftragen, den Tod herbeizuführen.

Welch ein Missverständnis oder welch eine Irreführung. Immer muss nämlich der Betroffene selbst bei klarem Verstand den Tod herbeiführen (Tatherrschaft). Einen Dritten gibt es hier überhaupt nicht, immer nur einen Zweiten, den Helfer. Auch mit Tötung auf Verlangen hat dieses rein gar nichts zu tun.

2. Wenn der Bundestag beim Thema Sterbehilfe den Fraktionszwang aufhebt, so ist das eigentlich eine Selbstverständlichkeit und verdient keinen besonderen Respekt, zumal vorgesehen ist, über Gruppenanträge im Parlament die konservative Linie bei der Abstimmung sicherzustellen.

3. Ich beschäftige mich seit Langem mit der institutionalisierten Beihilfe zum Freitod. Der geplante Straftatbestand der "geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung" scheint mir gegriffen zu sein und den Wunsch zum Vater des Gedankens zu haben. Es gibt keine Sterbehilfegesellschaft, die mit ihrer Tätigkeit Gewinn macht. Diejenigen, die das behaupten, sollten Fakten auf den Tisch legen. Die Bezahlung von Personal- und Sachkosten beziehungsweise deren Auslage ist bei jedem größeren Verein üblich.

4. Der hier gebrauchte Begriff "serienmäßig", soll heißen oft wiederholt, ist rein abwertend und zudem sachlich falsch: Eine grundsätzlich straffreie Handlung kann durch Wiederholung nicht strafbar werden. Man sollte die Debatte wirklich umkehren.

Uwe-Eitel Friese, Sankt Augustin

Überlegen sich eigentlich manche Autoren, die ihre ins positive Licht gestellten Selbstmordgedanken in der Öffentlichkeit preisgeben, wie das auf unsere Kinder und Jugendlichen und auf Menschen, die sich in einer verzweifelten Lebenssituation befinden, wirkt?

Das Leben zu bewältigen, mit seinen vielen Höhen, Tiefen und Schicksalsschlägen ist für jeden Menschen eine auch oft nicht einfache Aufgabe. Aber es ist der Mitmensch, der Mut macht, Hoffnung vermittelt, Beistand leistet und einfach nur für den anderen da ist. Viele Menschen haben dadurch wieder Lebensmut gefasst und haben aus einer seelischen Talfahrt wieder herausgefunden.

Die Öffentlichkeit sollte sich mit Beispielen von Menschen beschäftigen, die es geschafft haben, einen lebensbejahenden Weg auch aus einer ausweglosen Krankheit heraus zu finden. Das sind wir der nachfolgenden Generation und unserer Gesellschaft schuldig.

Christine Green-Ottens, Alfter

Ein großes Dankeschön dem General-Anzeiger und den Mitarbeitern, die das Thema "Sterbehilfe" detailliert sowie umfangreich in den vergangenen Tagen aufgegriffen haben und eine anschließende Podiumsdiskussion ermöglichten. Ursprünglich hätten die bestehenden Gesetze gereicht, denn jedem Arzt ist der begleitende Suizid durch bereitstellen einer tödlichen Medikamentendosis erlaubt. Doch die unterschiedlichen Regelungen einzelner Ärzteverbände, mit Sanktionspotenzial bis hin zum Entzug der Approbation, haben viele Ärzte verunsichert, einige Sterbenskranke zum "Sterbetourismus" in die Schweiz genötigt und den Staat, somit den Gesetzgeber unter Zugzwang gesetzt.

Als der oberste Standesvertreter, der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Montgomery, auf die Frage nach dem "begleitenden Suizid" angesprochen wurde, antwortete er: "Lassen Sie das doch den Klempner machen." Damit konterkariert er nicht nur seinen ärztlichen Ethos, sondern legt den Betroffenen indirekt die brachiale Variante des Suizids nahe, weil er den begleitenden ablehnt.

Angesichts der Tragödien, die sich hinter einem solchen Szenario abspielen (Traumatisierung eines Lokführers oder schockierte Angehörigen) zeugt diese Äußerung von selbstherrlicher Arroganz und einem Machtanspruch von feudalistischer Qualität.

Eigenartigerweise geben solche "Herren über Leben und Tod" nicht einen Teil ihrer Macht an ebenfalls medizinisch hoch qualifiziertes Personal ab, wie beispielsweise Apotheker, die ergänzend dem Moribunden (Sterbenden) durch Bereitstellen der tödlichen Medikamentendosis helfen könnten.

Hans Scholz, Bad Neuenahr-Ahrweiler

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