Warum jetzt noch Öl ins Feuer gießen?

Zum Freundschaftsvertrag zwischen der EU und der Ukraine

 Solidarität mit dem ukrainischen Regierungschef: Arseni Jazenjuk (2.v.r.), EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy (r.), der britische Premier David Cameron (3.v.l.), Schwedens Regierungschef Frederik Reinfeldt (2.v.l.) und Finnlands Chef Jyrki Katainen (l.) bei der Unterzeichnung des politischen Teils des Assoziierungsabkommens.

Solidarität mit dem ukrainischen Regierungschef: Arseni Jazenjuk (2.v.r.), EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy (r.), der britische Premier David Cameron (3.v.l.), Schwedens Regierungschef Frederik Reinfeldt (2.v.l.) und Finnlands Chef Jyrki Katainen (l.) bei der Unterzeichnung des politischen Teils des Assoziierungsabkommens.

Foto: DPA

Irgendwie habe ich da wohl etwas falsch verstanden: Im vergangenen Jahr hatten die EU und die Ukraine schon einmal ein solches Abkommen anvisiert, bevor Präsident Janukowitsch von einer Unterzeichnung dann doch absah. Die Folgen sind bekannt: Unruhen auf dem Maidan, Sturz der Regierung und Krieg im Ostteil der Ukraine, die auf Grund ihrer Bevölkerungsstruktur sich eher Russland zugehörig fühlt. Blutige Kämpfe, Tote und Zerstörung auf beiden Seiten können wir seitdem täglich in den Abendnachrichten und in der Presse verfolgen. Und jetzt?

Das gleiche Spiel noch einmal. Ja, geht's noch? Ohne gleich als "Putin-Versteher" abgestempelt zu werden, sollte die EU einmal mit kühlem Kopf darüber nachdenken, welche Provokation dieses Abkommen für Russland darstellt. Anstatt in einer Situation brüchiger Waffenruhe Öl ins Feuer zu gießen, wäre es mit Sicherheit klüger gewesen, erst einmal die weitere Entwicklung abzuwarten. Und was hat EU Präsident Barroso geritten, der Ukraine gar eine EU Mitgliedschaft in Aussicht zu stellen? Jeder weiß, dass dieses Land enorme wirtschaftliche Probleme hat und nicht nur unterentwickelt ist, sondern auch täglich mit Korruption zu kämpfen hat. Aus Sicht der Ukraine sind die Geldtöpfe der EU natürlich verlockend, aber wir sollten erst einmal die bereits bestehenden Unterschiede in der EU aufarbeiten, bevor wir uns weitere, schwere Problemfälle aufhalsen.

Im Übrigen zeigt ein Blick in die Geschichte Russlands, dass die Ukraine im Mittelalter das Kernland des russischen Reiches war und somit immer enge Beziehungen zu Russland hatte. Aus Sicht Russlands ist das Vordringen der EU und später gegebenenfalls der Nato nicht oder nur kaum zu akzeptieren. Wie würden wohl die USA reagieren, wenn dasselbe unter anderen Vorzeichen in ihrem "Vorhof" - sprich: Mexiko und Mittelamerika - passierte? Ich will hier keineswegs den "lupenreinen Demokraten" Putin verteidigen, dessen Annexion der Krim genauso völkerrechtswidrig ist wie die Einschleusung russischer Kampfeinheiten im Donbass.

Aber es wäre weitaus klüger gewesen, die anstehenden Probleme in der Ukraine mit ihrem Drang nach Westen mit Russland zusammen zu lösen. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in den 1990er Jahren gab es einmal die Vision des gemeinsamen europäischen Hauses. Davon ist leider nichts mehr übrig geblieben. Stattdessen steht ein neuer kalter Krieg ins Haus.

Gisela Kirsten, Bonn

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