Verzicht auf das Abkommen für Ukraine war ein Fehler

Zur Krise in der Ukraine und zum Artikel "Der nächste Lackmustest" vom 19./20. April.

Mit jedem Tag wird deutlicher, dass Putin die Ukraine genauso zerlegen will wie vor sechs Jahren Georgien. Damals hat "der Westen" kaum reagiert und offensichtlich hat Putin dieses zögerliche Verhalten ermutigt, sich nun die mehrheitlich von Russen bewohnten Teile der Ukraine zu nehmen. Der innerukrainische Machtkampf und die daraus hervor gegangene dilettantisch agierende Regierung hat ihm den Vorwand geliefert und nun greift er zu.

Für einen kühl kalkulierenden Machtmenschen wie ihn ist das eine logische Vorgehensweise. Unsere auf Entspannung um jeden Preis bemühten EU-Politiker sind unfähig, entschlossen dagegen zu halten - flankiert von Industriemanagern, die sich um demokratische Spielregeln nicht scheren, wenn dadurch gute Geschäfte beeinträchtigt werden könnten.

Nun mag man ja tatsächlich denken, dass die Ukraine weit weg ist und deren Probleme uns nicht sonderlich kümmern müssen. Aber für mich ist klar, dass Putin, so man ihn jetzt nicht unmissverständlich stoppt, in einigen Jahren "Hilferufe" aus den ebenfalls in Teilen von Russen bewohnten baltischen Staaten produzieren wird, um diese Gebiete dann ebenfalls heim ins (großrussische) Reich holen zu können.

Was werden wir denn dann wohl machen? Immerhin gehören diese Länder zu Nato, EU und (teilweise) zur Euro-Zone.

Michael Küpper, Sinzig

Im Artikel "Der nächste Lackmustest" sind die Vorgänge in der Ukraine seit Beginn der Krise kurz zusammengefasst worden. Dabei hat Holger Möhle auch an das leider fast vergessene Abkommen erinnert, das Außenminister Steinmeier sowie seine Kollegen aus Frankreich und Polen mit dem damaligen ukrainischen Präsidenten Janukowitsch ausgehandelt haben. Dieses sah vorgezogene Wahlen in der Ukraine vor und die Rückkehr zur Verfassung von 2004.

"Kurz danach", fährt Holger Möhle fort, "überschlugen sich mit der fluchtartigen Abreise des Präsidenten die Ereignisse." Es war jedoch nicht kurz danach, es lagen fast zwei Wochen zwischen dem Abkommen und der Flucht des Präsidenten, in denen dieser den Demonstranten große Zugeständnisse machte. Er bot ihnen die Übernahme sämtlicher Ministerien an und auch den Posten des Ministerpräsidenten. Er selbst wollte zwar Präsident bleiben, aber mit der Rückkehr zur Verfassung von 2004 wären auch seine Befugnisse beschnitten worden.

Es bleibt natürlich eine Hypothese, aber eine solche Kompromissregierung hätte die Einheit der Ukraine bewahren können und die fatale Eskalation der Ereignisse mit dem Anschluss der Krim an Russland und den sich ständig vergrößernden Problemen vermeiden können. Wie viel Prozent der ukrainischen Bevölkerung haben damals protestiert? Fünf Prozent von 50 Millionen?

Es war ein großer Fehler des Westens, nicht auf dem Abkommen bestanden zu haben. Leider hat sich erst später herausgestellt, dass ein nicht geringer Teil der Demonstranten rechtsgerichtete Provokateure waren.

Ingrid Merten, Bonn

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort