Versicherung kauft sich Versuchskaninchen

Zum Artikel "Generali will gläsernen Kunden", erschienen am 22./23. November

 Das Logo der Generali Versicherungen hängt an der Fassade einer Filiale des Unternehmens in München. FOTO: DPA

Das Logo der Generali Versicherungen hängt an der Fassade einer Filiale des Unternehmens in München. FOTO: DPA

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Wenn wichtige Gesundheitsdaten nicht mehr bei einer zum Schweigen verpflichteten Person eines Arztes, sondern bei einer Mammutorganisation wie der Krankenkasse Generali gespeichert werden, sollte man nicht lange die Bedenken Hin und Her bewegen. Der Staat muss Auflagen machen wie für ein Passagierflugzeug, bevor es sich in die Lüfte erheben kann! Mal sehen, ob Generali die Sicherheit nachweisen kann.

"Prism" (Programm zur Überwachung und Auswertung elektronischer Medien und elektronisch gespeicherter Daten; Anm. d. Red) und "Tempora" (Codename einer britischen Geheimdienstoperation zur Überwachung des weltweiten Telekommunikations- und Internet-Datenverkehrs; Anm. d. Red) laufen unvermindert. Außerdem muss man aufpassen, dass die wohlgemeinten Programme zur Gesundheitserziehung nicht zu einer weiteren Stigmatisierung Kranken führen: Ach, Sie sind krank? Hätten Sie nicht besser vorbeugen können? Nur ein Teil der Krankheiten ist durch die Lebensweise beeinflusst. Es gibt Angeborenes, Unfälle und schlechte Konstellationen.

Jesus hat schon vor 2000 Jahren klargestellt, dass Krankheit nicht mit Schuld verbunden ist. Wenn Krankenkassen modernisieren wollen, sollten sie die Potenziale der Gesundheitskarte mit Sicherheitschip erschließen. Das würde Gesunden und Kranken gleichermaßen nützen!

Dr. Eberhard von Faber, Bornheim

Selbstverständlich liegt den Krankenversicherungen in erster Linie die Gesundheit seiner Kunden am Herzen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Genauso selbstverständlich werden die Versicherungen im Auge behalten, dass sie sich bei einem Rabattangebot für gesundheitsbewusste Kunden unter dem Strich finanziell nicht selber schaden.

Bei der ansonsten sehr ausführlichen Betrachtung der Vor- und Nachteile eines solchen Angebots scheint mir allerdings ein interessanter Aspekt übersehen worden zu sein: Auf den ersten Blick sieht es so aus, als gewähre die Versicherung einem Kunden, der bereit ist, Daten zur Kontrolle seines "gesunden Lebenswandels" zur Verfügung zu stellen, einen Nachlass von vielleicht 100 Euro pro Jahr. Man kann das aber auch ganz anders sehen.

Die Versicherung hat sich für billiges Geld ein "Versuchskaninchen" gekauft, das bereitwillig eine Fülle von sehr persönlichen und detaillierten Daten liefert. Die Versicherung kann diese Daten dann nach eigenem Gutdünken auswerten und weiter verwenden.

Würde eine Versicherung ein Unternehmen beauftragen, solche Gesundheitsdaten zu erheben, müsste sie viel Geld dafür bezahlen. So aber liefern die Kunden diese Daten freiwillig, und die Versicherung kann für sich auch noch in Anspruch nehmen, nur das Wohl seiner Kunden im Blick zu haben.

In Wirklichkeit sammelt die Versicherung Daten, die die betroffenen Menschen unter anderen Umständen niemals freiwillig bereit stellen würden.

Dirk Schindler, Rheinbach

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