Vergammelte Liebesbezeugungen
Zum Artikel "Manchem Liebesbeweis droht das Aus" vom 8. April.
Ich finde es gut - und notwendig - dass sich das zuständige Fachamt der Stadt Bonn endlich der Verschandelung der Kennedybrücke durch die inzwischen überhand nehmenden Schlösser annimmt. Es läuft ja immer nach dem gleichen Schema ab: Irgendwo kommt jemand auf eine verrückte/originelle/außergewöhnliche Idee und veröffentlicht sie im Internet. Je nach Gewichtung wird das Thema von der Presse dankbar aufgegriffen und schon geht es los.
In diesem Fall also das Anbringen von Schlössern an Brücken; angeblich zum Beweis von besonders liebevollen Verbindungen. Früher - ich gebe zu, ganz früher - verewigte man seine Liebesschwüre in mehr oder weniger gelungenen Baumschnitzarbeiten - allerdings nicht immer zum Vorteil der Bäume.
Nun also ein etwas haltbareres, der Öffentlichkeit - ob gewollt oder nicht - zugänglicheres Medium und hier liegt das Problem. Mangels eigener Fantasie wird nun plötzlich ein Schloss nach dem anderen mit dem Geländer verbunden und vermittelt - je nach Erhaltungszustand - vor allen Dingen eines: Blick auf Metallschrott!
Wegen der begrenzten Aufnahmefähigkeit der für eigentlich andere Zwecke vorgesehenen Löcher am Geländer werden nunmehr etliche Schlösser mit billigen Metallketten oder sogar Plastikkabeln zusammengebunden - ein ästhetisch überwältigender Anblick. Man sollte auch tunlichst davon absehen, vom Zustand der Schlösser auf die Qualität der jeweiligen Liebesbeziehung zu schließen - da scheinen sich nämlich etliche Dramen abzuspielen...
Zusammengefasst: Wie leider häufig, wenn unreflektiert Ideen anderer mehr schlecht als recht nachgeahmt werden, gibt es mehr Masse als Klasse.
Also, liebes Ordnungsamt: Haben Sie Mut, zumindest mich von diesen vergammelten Liebesbezeugungen zu befreien.
Wolfram de la Motte, Bonn
