Thüringen und Tabubrüche

Zu den Berichten über die Regierungsbildung in Thüringen

In Ihrer Berichterstattung und Kommentierung zu einer möglichen Regierungsbildung in Thüringen mit einem Ministerpräsidenten der Linken wird herausgestellt, das sei 25 Jahre nach dem Mauerfall ein Tabubruch der SPD. Wenn wir schon die Geschichte bemühen, sollten wir festhalten, dass der Tabubruch viel früher stattfand: als CDU und FDP nach der Wende die ehemaligen Blockparteien der DDR, CDU-Ost, Liberaldemokraten und Bauernpartei, "integrierten", einschließlich deren beträchtlichem Immobilienvermögen in der ehemaligen DDR.

Diese Blockparteien hatten im "Unrechtssystem" der DDR, in Politik und Verwaltungen, eine systemstabilisierende Rolle. Die Vertreter dieser DDR-Blockparteien haben noch lange nach 1990 in Politik und Verwaltung eine wichtige Rolle gespielt. Die Mitglieder der 1989 in der DDR neu gegründeten sozialdemokratischen Partei stammten vorwiegend aus der Oppositions- und Friedensbewegung der DDR, die ein Zusammengehen mit der SED oder Aufnahme von SED-Mitgliedern ablehnten.

Zu einer sachlichen Bewertung eines möglichen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow gehört die Feststellung, dass Herr Ramelow als westdeutscher Gewerkschafter nicht für die Politik, Fehler und Verbrechen der DDR-Führung verantwortlich gemacht werden kann. Seit 1990 hat er sich um den Aufbau freier Gewerkschaften in Thüringen verdient gemacht und als langjähriges Mitglied des Thüringer Landtages großer Erfahrungen erworben.

Rainer Gries, Sankt Augustin

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