"Stinkerchen" ist geröstet ein Genuss

Zum Artikel "Kampf dem Gestank - Zahlreiche Bürger beantragen die Fällung von Ginkgobäumen" vom 9. Februar

 Der Stein des Anstoßes: Die weiblichen Ginkgo-Bäume tragen solche Früchte, die stinken.

Der Stein des Anstoßes: Die weiblichen Ginkgo-Bäume tragen solche Früchte, die stinken.

Foto: UMW

Als deutsch-japanisches Ehepaar freuen meine Frau und ich uns über jeden Ginkgo-Baum in unserer Bonner Heimat, und wir haben auch selbst zwei davon in unserem Garten. Eigentlich kommen die Ginkgos ja aus China, aber in Japan gelten sie als heilig und stehen oft neben ehrwürdigen Tempeln.

Die Nüsse, ich nenne sie respektlos "die Stinkerchen", sammelt man begierig, befreit sie von ihrer buttersäurigen Außenschale und genießt die Kerne als Zutat, geröstet oder gekocht, zu mancherlei Gerichten. Wer daran glaubt, dem helfen sie auch zu neuer Denk- oder Lendenkraft. Für die Information, dass an Bonner Straßen "154 Fächerblattbäume" stehen, danke ich dem GA sehr. Natürlich habe ich auch für die Anwohner volles Verständnis, die den gelegentlichen Geruch der Weibchen vor ihrer Haustür nicht mögen. Das ist ein (außer in Japan) weltweit diskutiertes Problem, denn das Geschlecht der Bäume offenbart sich erst, wenn sie mit etwa 20 Jahren fruchtbar werden.

Aber manche Spezialzüchter haben erkannt, dass Sicherheit der Vorherbestimmung nur besteht, wenn die Vermehrung durch abgeschnittene Zweige nachgewiesen männlicher Exemplare geschieht - was natürlich viel aufwendiger ist als die Zucht aus Nüssen. Vielleicht kann das Amt für Stadtgrün bei der Bestellung neuer Pflänzlinge für gefällte weibliche Ginkgos daran denken. Auch für uns sind längst nicht alle Bonner Ginkgos in gleichem Ausmaß wichtig. Eigentlich lieben wir vor allem die wenigen wirklich erwachsenen unter ihnen, die gewissermaßen noch eine Erinnerung an ihre Heimat Japan in sich tragen, von wo sie Philipp Franz von Siebold vor fast 200 Jahren mitgebracht hatte.

Der berühmte Japanforscher, der sich etliche Jahre an der neu gegründeten Bonner Universität aufhielt, pflegt einige der Jungbäume in seinem Botanischen Garten (damals noch am Belderberg), bevor er sie hier und da als Gastgeschenke weitergab. Heute sind diese ältesten Bonner Ginkgos verehrungswürdige Zeitzeugen, und jedes Jahr sammeln wir dankbar die Stinkerchen im Garten der Töpferei Dietz am Königswinterer Rheinufer oder auch im Godesberger Redoutenpark.

Dierk und Yoshie Stuckenschmidt, Deutsch-Japanische Gesellschaft Bonn

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