Scheut diese Stadt sich davor, Weichen zu stellen?

Zur Doppelseite "Quo Vadis, Bonn" von Gastautor Professor Hermann Simon, vom 11. Mai.

Scheut diese Stadt sich davor, Weichen zu stellen?
Foto: Volker Lannert

Ich danke Ihnen, dass Sie mit Herrn Professor Simon einen Menschen mit klarem Verstand gefunden haben, der auch über die vielen Standesdünkel hinaus mit einfachen Worten die Situation analysiert und die wirklich wichtigen Punkte angesprochen hat. Kluge Thesen und Ansätze, die über die Wahlperioden hinaus notwendige "To-Dos" und Veränderungen im Kopf ansprechen.

Leider ist es häufig anders, und die jeweiligen Nebelkerzen sowie Schuldzuweisungen im "klein- klein" verhindern den Blick auf das Gesamtbild. In vielen der beschriebenen Punkte finde ich die Aussagen, die ich immer wieder von Nicht-Bonnern über Bonn höre, bestätigt. Angefangen über Versuche, Bonn via ÖPNV zu erreichen, die Ankunft der Reisenden am Bonner Hauptbahnhof mit Blick auf unseren "schönen" Bahnhofvorplatz und das Bonner Loch.

Der Lächerlichkeit, dass man Unterhaltung und Kultur, die das breite Publikum und die Jugend ansprechen, aus der Stadt vertreibt, und sich vehement für die Hochkultur, die nur wenige Anspricht und sich wirklich keiner leisten kann, stark macht. Das Vertreiben von Sponsoren und Investoren, die sich in Bonn engagieren wollten, durch Stillstand und Nichtentscheiden.

Bonn hat es in der Vergangenheit glänzend verstanden, wirklich hervorragende Chancen der Weiterentwicklung nicht zu nutzen, und das ewige Nichtentscheiden (auch aus Angst, das Verkehrte zu entscheiden) dann zum schlechtesten gemeinsamen Nenner auslaufen zu lassen. So dümpeln wichtige Themen der städtischen Weiterentwicklung vor sich hin; aber die neue Oper ist ja wichtiger. Wahrscheinlich wird man sich nun über die zehn Thesen hermachen und versuchen, diese zu zerreißen und als Unsinn hinzustellen.

Ich höre schon: "Identitätsverlust für Bonn durch Professor gefordert" und weitere unsachliche Äußerungen. Wer aber diesen klaren und wirklich guten Ansatz als Dialog und Chance versteht, beginnt aus meiner Sicht den ersten Schritt in die Zukunft unserer Stadt. Nur wenn wir uns weiter entwickeln, läuft nicht alles an uns und unserer Stadt vorbei

Ralf Blanke, Bonn

Besten Dank an den GA für diese wichtige Standortbestimmung. Ich teile die Auffassungen als Bürger dieser Stadt in allen Punkten auch aus meinen eigenen Erfahrungen vollumfänglich.

Dieser Artikel mit seiner richtigen Analyse gehört jedem Ratsmitglied und jedem Mitglied des Verwaltungsvorstandes zur Beachtung auf den Tisch gelegt, bevor die nächsten wichtigen Entscheidungen anstehen. Es wäre jetzt die vordringliche Aufgabe von Rat und Stadtverwaltung, daraus ein Leitbild und eine Strategie Bonn 2025 zu erstellen und Schritt für Schritt umzusetzen, um endlich eine Stadtpolitik in Bonn zu bekommen, die sich nicht an kleinteiligem Beharrungsdenken, sondern an klaren Visionen und zukunftsorientierten Zielen orientiert.

Martin Ogilvie, Bonn

Dem GA sei Dank, dass er den zehn Thesen von Professor Simon zur Zukunft von Bonn breiten Raum eingeräumt hat. Die Thesen laden zur Diskussion und Erwiderung ein. Leider sind dem Unternehmensberater Simon die Gene des Gastprofessors durchgegangen: Er schreibt langatmig. Thesen sollten so kurz sein wie die Zehn Gebote; die 95 Thesen, die Luther der Legende nach an Pforte der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt hat, sind hier kein Vorbild.

Wir teilen die Richtung, in die Simon die Diskussion lenken will: Größer denken! Und dies geht über den ICE-Bahnhof in Siegburg hinaus. Der Großraum "Colonia Bonna" ist ohne Zweifel eine Dimension, die Kirchturmdenken sprengt. In einem Punkt jedoch sind wir dezidiert anderer Meinung.

Simon schreibt: "Bonn ist Bundesstadt. Das ist ein besonderer Titel. Mit diesem Pfund kann man stärker wuchern." Falsch! Bundesstadt steht für Beharrungsvermögen, nicht für Aufbruch. Bundesstadt steht für Aktentasche in Lederimitat, nicht für innovative Start-up-Unternehmen. Das Festhalten an Strukturen, die politisch überholt sind - und Simon konzediert den Sog aus Berlin -, ist preußisch; föderalistische Attraktivität aus sich heraus ist rheinisch!

Bonn ist Beethovenstadt, Universitätsstandort und Gastgeber der Vereinten Nationen: ein Magnet für nachgeordnete Bundesbehörden, die aus diesem Grund gern am Rhein bleiben beziehungsweise hierhin ziehen. Darum ist auch nicht nachzuvollziehen, wie schwer sich das großbürgerliche Bonn mit einem Festspielhaus tut. Bonn hat gut Grund, nach vorn zu schauen. Leider sind die Beharrungskräfte hartnäckig.

Heinz Schulte, Bonn

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