Plädoyer für mehr akademische Freiräume

Zum Artikel "Kulturwechsel im Hörsaal"

 Studenten in einem Hörsaal der Uni Bonn. FOTO: DPA

Studenten in einem Hörsaal der Uni Bonn. FOTO: DPA

Foto: dpa

Christiane Florin hat mit ihrem Büchlein "Warum unsere Studenten so angepasst sind" einen falschen Titel gewählt, da sie auf 80 Seiten nur ein enges Segment der derzeitigen Hochschullandschaft beschreibt. Sie berichtet von ihren Erfahrungen als Lehrbeauftragte der Uni Bonn mit Studierenden im Bereich der Politikwissenschaften. Ihre Erfahrungen könnten sicher auf die Soziologie, die Pädagogik und den gesamten geisteswissenschaftlichen Bereich geweitet werden.

Ich denke, es ist immer noch so, dass in diesen Bereichen (zu) viele Studierende einmünden, die sich ein Studium in den "harten" MINT-Fächern (Mathematik, Technik, Informatik) nicht zutrauen. Zudem münden in diese Bereiche der Sozial- und Geisteswissenschaften zu viele schulisch Schwächere ein.

Es ist unbestritten und unbedingt verbesserungswürdig, dass im Credit-Point-System der Geistes- und Sozialwissenschaftler im Gegensatz zur freieren Studienordnung im Magisterstudium das Lernen für die Modul-Klausuren einziger Fokus und kaum noch eine differenzierte und über die geforderten Studienanforderungen hinausgehende Interessens- und Lernentfaltung zu beobachten ist. Gerade die begabten Studierenden benötigen wieder mehr akademische Freiräume, um über den Rand des von der Studienordnung Geforderten hinaus zu schauen.

Ich möchte aber noch etwas aus meinen langjährigen Erfahrungen als Leiter der Beratungsstellen und des Karrierezentrums an der RWTH Aachen University heraus sagen: Ja, die Studierenden - quer durch alle Fachrichtungen - haben ihre berufliche Entwicklung schon früh im Blick. Und es ist ein Manko, dass alles nur im Hinblick auf die Abschlussnote hin gesehen wird. Wie sieht es aber nun aus mit den Studierenden im weitaus größeren Teil der mathematisch /naturwissenschaftlich/ökonomischen Studiengänge in Deutschland?

Sicherlich hat auch hier durch die Umstellung auf die Bachelor-/Master-Struktur eine noch stärkere Orientierung auf die nächste Modul-Klausur stattgefunden. Es hat sich aber in diesen Studiengängen im Hinblick auf eine früh im Studium ansetzende Leistungsorientierung wenig geändert. Hier galt immer schon: Lerne gut, und du bekommst einen (noch besseren) Job!

Wolfgang Loggen, Bornheim

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort