Lüpertz bewegt weiter die Gemüter

Zu Debatte um die neue Beethoven-Skulptur von Markus Lüpertz im Bonner Stadtgarten.

 Die Beethoven-Skulptur von Markus Lüpertz im Stadtgarten stößt weiter auf Zustimmung und Ablehnung.

Die Beethoven-Skulptur von Markus Lüpertz im Stadtgarten stößt weiter auf Zustimmung und Ablehnung.

Foto: Lannert

Nach den ersten spontanen radikalen Ablehnungen des Lüpertzschen Beethoven, deren Kunstverständnis fest im neunzehnten Jahrhundert verwurzelt ist, gab es in den letzten Tagen vermehrt Zustimmung und auch bereits die Forderung nach mehr Toleranz und Offenheit gegenüber dem Ungewohnten. Das möchte ich unterstreichen und noch zwei Gedanken zum positiveren Verständnis des neuen Bonner Beethoven-Denkmals beisteuern.

1. Diese Skulptur vermittelt vor Ort eine völlig andere Wirkung als es die Bilder in der Zeitung vermögen. Ihre Bilder stoßen eher ab, während die Skulptur selber anzieht und den Betrachter quasi zwingt, sich mit dem Schicksal Beethovens auseinanderzusetzen. Schön ist sie auch dort nicht. Aber künstlerische Formen und Strukturen, die zum Nachdenken anzuregen imstande sind, können per se nicht hässlich sein, sie blenden nur nicht und das ist gut und schön im geistigen Sinne.

2. Mein zweiter Gedanke kreist um den zweiten großen Kopf zu Füßen der eigentlichen Figur. Zum einen wirkt er wie ein Schild und erinnert mich dabei an den "Gefallenen" in der Münchner Antikensammlung. Er identifiziert und erdet diese erbarmungswürdige sich quälende und himmelwärts wendende Gestalt als unseren Beethoven.

Ingeborg Nolden, Bonn

Wäre die Angelegenheit nicht eigentlich viel zu ernst, so könnte man darüber schmunzeln, wie sehr Bonns neuer "Knethoven" nach wie vor die Gemüter erhitzt. Sicher ist es richtig, dass Herr Lüpertz einen großen Teil seines Ruhmes dadurch erlangt hat, dass sein Name in aller Munde ist. Der Herr darf sich getrost darüber ins Fäustchen lachen, dass sich mit seiner Art von Materialverwertung immer noch gutes Geld verdienen lässt.

Betrachtet man aber sein Opus vor kunsthistorischem Hintergrund, so bleiben doch Zweifel. Sind uns nicht gerade jene Künstler nachhaltig in Erinnerung, die es verstanden haben, solides handwerkliches Können und geniale Schaffenskraft zu verbinden, ob sie nun den heutigen Zeitgeschmack treffen oder nicht?

Sicher ist durch die politisierte "Kunst" in Deutschland der 1930er und 1940er Jahre auch der Zusammenhang zwischen Kunst und Handwerk nachhaltig gestört worden, doch heißt das, dass uns die Nachkriegsgeneration des Kunstsektors deswegen alles vorsetzen dürfen, was sie wollen, solange man es nur progressiv, provokant oder diskussionsanregend nennen kann?

Der Künstler erhebt jedoch immer noch den Anspruch, quasi automatisch als Genie anerkannt zu werden. Wo aber bleibt hier das Handwerkliche in der Kunst, der häufig vernachlässigte, qualitativ hochwertige Umgang mit dem Werkstoff, die handwerkliche Technik, die perspektivische Ausrichtung?

Jürgen Isken, Bad Honnef

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