Kritik an Sparvorschlägen und Steuererhöhung

Reaktionen auf die Sparvorschläge der Bonner Stadtverwaltung

Wie zu erwarten, melden sich nun lautstark und mit zahlreichen Leserzuschriften alle, denen die radikale "Rotstift-Liste" des OB und seines Kämmerers städtische Leistungen rationieren will. Der Politik stehen danach heiße Tage bevor. Und dieses Mal wird es ihr besonders schwerfallen, mit Kompromissen noch einmal über die Runden zu kommen, weil der Handlungsspielraum praktisch ausgereizt ist.

Die Politik hat seit Langem eine ihrer vornehmsten Aufgaben darin gesehen, stets aufs Neue Wohltaten unters erwartungsvolle Volk zu streuen und Annehmlichkeiten selbst dann zu belassen, wenn die seit Langem nur noch übers Schuldenmachen finanziert werden können. Davon jetzt abzugehen ist - auch weil bislang kaum ernsthaft praktiziert - eigentlich eine vor Ort unlösbare Aufgabe.

Jeder Wohlmeinende kann folglich der Politik nur raten, sich die leider unumgänglichen Einschnitte von der Kölner Regierungspräsidentin qua Haushaltssicherung vorgeben zu lassen. Da zum Selbstgestalten kaum noch Geld bleibt, dürfte das Abgeben der Haushaltshoheit in der Praxis kaum schmerzen - allenfalls am Selbstverständnis der Politik rütteln.

Und die Bürger? Sie könnten zumindest auf zweierlei hoffen. Erstens, dass unumgängliche Einschnitte sowie neue steuerliche Belastungen ohne Rücksicht auf Klientel-Interessen ausschließlich sachgerecht erfolgen. Zweitens, dass der OB seiner Stadtverwaltung, auch der Politik, deutlich mehr Sparen abverlangt, als die "Rotstift-Liste" derzeit für sie vorsieht.

Horst Krämer, Bonn

Die Haushaltssituation der Stadt Bonn hat sich zur Katastrophe entwickelt, die Pleite der Stadt scheint unabwendbar. Herr Dr. Gilles (CDU) und Herr Finger (Grüne) - langjährige Koalitionäre in Bonn - und ihre Fraktionen haben daran tatkräftig mitgewirkt. Man vermag sich nicht vorzustellen, dass die nicht ahnen, welche Folgen dies für die Stadt und insbesondere die Einwohner haben wird.

Es wäre allerdings eine politische Tat besonderer Art, wenn sie angesichts dieser von ihnen verschuldeten Fehlentwicklung das Ruder herumreißen würden und sofort alle möglichen Einsparungen und Einnahmenmehrungen nutzten, den Haushalt auszugleichen. Oder: Die Fraktionschefs treten zurück (und veranlassen vorher ihre Parteien/Fraktionen, für einen Haushaltsausgleich zu sorgen). Allerdings: Haushaltskonsolidierung wird die Bürger herausfordern. Wer das Angebot der Kultur im bisherigen Umfang haben möchte, muss mehr dafür zahlen wollen. Es geht nicht an, dass ein Platz pro Vorstellung mit mehr als 100 Euro subventioniert wird, aber etwa 20 Euro kostet. Da werden wir Bürger umdenken müssen.

Rainer Gohlke, Bonn

Jedes Jahr bin ich verwundert über die Tatsache, dass die Stadtverwaltung wegen eines Betriebsausfluges geschlossen ist. Betriebsausflüge sind inzwischen weitgehend aus der Unternehmenswelt verschwunden. Deshalb stellt sich die Frage, ob Bonn sich das noch leisten kann. Rund 6500 Mitarbeiter sollen bei der Stadt beschäftigt sein. Bei einem eintägigen Betriebsausflug entspricht das einer Arbeitsleistung von 6500 Arbeitstagen. Oder bei durchschnittlich 225 Arbeitstagen pro Jahr und Arbeitnehmer einem Potenzial von 29 Vollzeit-Arbeitskräften!

Das heißt, bei Verzicht auf den jährlichen Betriebsausflug könnte die Produktivität sofort um 29 Mitarbeiter erhöht werden und bei gleichem Arbeitsanfall könnten 29 Arbeitskräfte abgebaut werden.

Rechnet man die durchschnittlichen jährlichen Kosten für einen Arbeitnehmer mit 60 000 Euro (Gehalt, Sozialabgaben, Arbeitsplatzkosten), so ergibt sich ein Betrag von 1,73 Millionen Euro pro Jahr, der durch den Betriebsausflug entsteht.

Gehe ich jetzt weiter und beziehe andere Freistellungen noch ein, die bei anderen Unternehmen durch Urlaub oder Überstundenkompensation ermöglicht werden, wie zum Beispiel Rosenmontag oder Weiberfastnacht, dann lässt sich der genannte Betrag noch leicht vervielfachen.

Peter Becker, Bonn

Wenn die geplante Erhöhung der Grundsteuer B als Ultima Ratio, als letztes Mittel zur Haushaltskonsolidierung angesehen wird, dann muss zwingend als vorletztes Mittel der vollständige Verzicht auf sämtliche freiwilligen Leistungen erfolgt sein. Ohne einen derartigen Verzicht wäre die geplante Erhöhung unverantwortlich, rücksichtslos und Untreue am Steuerzahler, der diese Stadt am Leben erhält. Sparen erfordert fachliche und politische Führungskraft, Eigenschaften, die ich weder beim Rat noch der Verwaltung sehe. Also wird es zu einer gnadenlosen Abschöpfung von Haus- und Grundbesitzern, aber auch von allen normalen Mietern kommen.

Wie lange wollen wir uns es noch gefallen lassen, dass Rat und Verwaltung ihre Lieblingsprojekte vorantreiben und anderen das Sparen übertragen? Bürger, Steuerzahler und Mieter: Empört Euch! Ihr seid nur die fette Made, die es zu melken gilt!

Roland Michel, Bonn

Wieder mal stehen die Bäder an oberster Stelle der Sparliste. Obwohl das Einsparpotenzial bei den Bädern mit 1,3 Millionen jährlich vergleichsweise gering ist. Die Ankündigung, ein neues Bad auf der Fläche der Jugendverkehrsschule zu bauen, ist reines Wunschdenken - wo sollten die Finanzmittel herkommen.

Die Aussage, dass die Wasserfläche von 16 000 auf 10 000 Quadratmeter sinkt, ist so nicht richtig. Währen der Renovierung von Frankenbad und Hardtbergbad müssen die Schwimmer auch auf diese Wasserflächen verzichten. Die Vorgehensweise der Verwaltungsspitze, aufgrund der neuen Ratsbesetzung grünes Licht für die Bäderschließungen zu erhalten, ist ein Schlag gegen den Sport. Der Sport lebt vom Einsatz vieler Ehrenämtler, die ihre Freizeit auch zu Gunsten ihrer Heimatstadt opfern, und von dieser Stadtverwaltung erfahren sie keine Wertschätzung. Sportvereine erfüllen Aufgaben in der Sozialpflege, der Inklusion und der Integration. Wenn diese Gruppe ihre Aufgaben niederlegt, würde dies die Stadt vor schwerwiegende soziale Probleme stellen.

Bezeichnend ist, dass auf der gleichen Seite im GA über die nötigen Einsparungen im Sport sowie über die Bezuschussung des Bonner Festspielhauses berichtet wird. Für den Sport stellt sich die Frage, müssen wir sparen, damit das Festspielhaus gebaut werden kann? Wenn Herr Schumacher als Kultur- und Sportdezernent beide Bereiche gleichermaßen unterstützen würde, könnten Spannungen schnell abgebaut werden.

Ein "runder Tisch" Sport, Kultur und Wirtschaft mit der Zielsetzung, Kultur und Sport zu unterstützen, würde das Verständnis bei den Bürgern für die notwenige Sparpolitik und das Bürgerprojekt Festspielhaus deutlich steigern.

Ute Pilger, Bonn

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