Kein neuer Ansatz in Sicht

Zum Interview mit Bundesentwicklungsminister Gerd Müller "Afrika ist ein Chancen-Kontinent" vom 8. März

Entwicklungshilfeminister Gerd Müller betont im GA-Interview, dass die Entwicklungszusammenarbeit des BMZ verstärkt dem Schwarzen Kontinent gewidmet sein wird. Erfreulicherweise schlägt der neue BMZ-Chef sensiblere Töne an als sein Vorgänger Dirk Niebel, doch die Grundsätze der Entwicklungspolitik stellt er nicht infrage. Kein anderer, überzeugender Ansatz ist in Sicht, der die gescheiterte Entwicklungspolitik in Afrika aufhalten könnte, so mein Eindruck.

Die Ursachen sind vielschichtig, doch einer der Hauptgründe wird beharrlich ausgeblendet, nämlich die Unvereinbarkeit von Wertesystemen höchst unterschiedlicher Gesellschaftsformen. Auch Müller hält am klassischen Hilfsdogma fest, nämlich fremdartige Kulturen entwickeln zu können, dieses mit noch mehr Geld und Wachstum. Er weiter im Interview: Afrika wäre - vor unserer Haustür - mit seinen Ressourcen der Chancen- und Wachstumskontinent. Vornehmlich für wen, so die Frage? Er reduziert damit die Existenz von Armut auf eine technische Aufgabe, entpolitisiert die Probleme, mentale Gegensätze bleiben außen vor.

Dass der Bundesminister die überproportionale Verantwortung der Industriestaaten für die globalen Umweltprobleme nicht anspricht, ist befremdlich, besteht doch gerade in diesen Ländern ein erheblicher Entwicklungsbedarf. Offenkundig dürfte inzwischen sein, dass sich afrikanische Gesellschaften mit dem industriellen Wachstumsmodell nicht identifizieren können, steht es doch im krassen Widerspruch zu deren Wertesystem. Selbstgerecht meinen die Überflussländer, das Vorbildmodell zu besitzen und ignorieren Potenziale afrikanischer Gesellschaften.

Was spricht dagegen, wenn Entwicklungsexperten beider Seiten gemeinschaftlich mentale, kulturelle und wirtschaftliche Gegensätze respektvoll, offen und freimütig thematisieren? Dass den essenziellen Versagensgründen nicht nachgegangen wird, ist m. E. ein unentschuldbares Versäumnis der verantwortlichen Entwicklungsexperten.

Jürgen Haushalter, Meckenheim

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