Kein Kavaliersdelikt

Zum Urteil im Prozess gegen Uli Hoeneß

Verstehe es, wer will: Kaum hat Uli Hoeneß angekündigt, dass er auf eine Revision seines Urteils verzichten will, wird ihm von allen Seiten Respekt gezollt, sogar von Angela Merkel. Was soll das? Fakt ist, dass Hoeneß in riesiger Höhe Steuern hinterzogen hat und dafür von einem ordentlichen Gericht zu einer 3,5 jährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden ist. Ist es etwa honorig, diese Strafe möglichst schnell anzutreten?

Schon wird spekuliert, ab wann Hoeneß in den offenen Vollzug gehen kann. Das wäre dann nur eine sehr halbherzige Strafe, denn was ist schlimm daran, tagsüber einer Arbeit nachzugehen und nur zum Schlafen ins Gefängnis einzurücken? Nein, Herr Hoeneß sollte wie jeder andere Straftäter behandelt werden. Steuerhinterziehung in dieser Größenordnung ist kein Kavaliersdelikt, sondern schlichtweg kriminell.

Gisela Kirsten, Bonn

Stellen Sie sich einmal vor, da begeht jemand eine Straftat und wird durch die Deutsche Justiz zu einer Haftstrafe verurteilt. Die Haftstrafe ist entsprechend der Tat so hoch angesetzt, dass es noch nicht einmal die Möglichkeit der Bewährung gibt.

Der Täter nimmt die Strafe an, und weder er noch die Staatsanwaltschaft legen Revision gegen das Urteil ein. Und nur weil er die Strafe akzeptiert, bekommt er von der höchsten politischen Ebene in der Bundesrepublik Deutschland Respekt gezollt?

Wie absurd ist das denn? Ob Frau Merkel und Herr Seehofer auch jedem Urkundenfälscher, Bankräuber und Drogendealer ihren Respekt aussprechen? Wo leben wir denn? Vielleicht sollte man die Herrschaften daran erinnern, dass von den hinterzogenen Millionen des Herrn Hoeneß auch ihre Diäten gezahlt werden.

Vielleicht findet Frau Merkel es erst dann nicht mehr so toll. NSA und die Handyaffäre lassen grüßen.

Tanja Bungartz, Bonn

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