Juncker geht unkonventionelle Wege

Zum Kommentar "Schlechte Wahl" von Detlef Drewes, erschienen am 4./5. Oktober

 Als Kommissions-Präsident leitet Jean-Claude Juncker die Arbeit von 27 Politikern.

Als Kommissions-Präsident leitet Jean-Claude Juncker die Arbeit von 27 Politikern.

Foto: EPA

Bisher hatte ich aus den Medien den Eindruck gewonnen, dass Jean-Claude Juncker mit Geschick vorgegangen ist. Ein Brite für Finanzen könnte zwar eine unerwünschte Wirkung erzeugen, aber es kann auch anders laufen: dass er gerade als Brite die Botschaft, dass sich Dinge in Großbritannien ändern müssen, besser übermitteln kann als Kommissare aus anderen Ländern. Das ist wie mit einer SPD-geführten Regierung: Aufgrund der speziellen Beziehungen zu Gewerkschaften konnte eine solche Regierung mehr erreichen als eine schwarz-gelbe Koalition.

Gewiss, Juncker zeigt mit seinem neuen Wirken Überraschendes: und zwar in dem Sinne, dass er Europa im Blick hat und weniger die deutschen Partikularinteressen. Das zeigt sich auch in seiner Nominierung von Moscovici. Dessen Berufung muss man im Lichte dessen sehen, dass Juncker erkannt hat, dass die Austeritätspolitik alles nur schlimmer gemacht hat. Wenn Drewes so über Moscovici herzieht, befürchte ich, dass er diese Einschätzung zur Austeritätspolitik nicht teilt. Allerdings muss man abwarten, in wiefern Moscovici seine Worte während der Anhörung im Sinne eines unnachgiebigen Verfolgens von Defizitverfahren ernst meint.

Wenn ja, dann wird weiter gespart, als ob das keinen Schäden herbeiführen würde. Wenn nein, dann sieht es um Europa tendenziell besser aus. Das ändert aber nichts daran, dass das Schuldenproblem besteht, und gelöst werden muss. Aber das erfordert andere Instrumente als das bloße Sparen. Ich tippe darauf, dass die neue Kommission insgesamt einen intelligenteren Kurs fahren wird als die bisherige Kommission.

Insofern ist es positiv, dass Juncker entgegen meinen Befürchtungen bei der Europawahl nicht als Repräsentant der alten Garde auftritt, sondern den Mut zeigt, unkonventionelle Wege zu gehen.

Robert Maris, Kreuzau

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort