Integrationskurse sind unterfinanziert

Zum Interview mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ("Flüchtlinge mit Herzlichkeit aufnehmen") vom 24. Juni

 Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft beim Gespräch mit dem General-Anzeiger. FOTO: OTTERSBACH

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft beim Gespräch mit dem General-Anzeiger. FOTO: OTTERSBACH

Foto: Nicolas Ottersbach

Ministerpräsidentin Kraft hat recht: "Menschen aus anderen Ländern, die hierbleiben können, lassen sich am besten integrieren, wenn sie schnell Deutsch lernen können." Das für Deutsch für Zuwanderer zuständige Bundesministerium des Innern (BMI), beziehungsweise das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) fordert für diese gesellschaftlich so wichtigen Integrationskurse von den Lehrkräften ein abgeschlossenes Studium und eine Zusatzqualifikation.

Außerdem ist eine hohe soziale Kompetenz für möglicherweise auch traumatisierte Kursteilnehmer und für die zahlreichen interkulturellen Konfliktherde in den sehr heterogen zusammengesetzten Deutschkursen erforderlich. Das BAMF bietet Lehrkräften dafür 20 Euro pro erteilter Unterrichtsstunde, aber keine Festanstellung, nur Honorarverträge, keinen Arbeitgeberanteil (AG) zur Rentenversicherung, keinen AG zu Krankenversicherung, keinen AG zur Pflegeversicherung, keinen AG zur Arbeitslosenversicherung, keine Lohnfortzahlung bei Krankheit oder Urlaub, keinen Kündigungsschutz, ausschließlich Fristverträge, keine Leistungen für ihre Fortbildungen, kein Fahrgeld.

Ein Scherz? Für bundesweit ca. 20 000 Lehrkräfte seit zehn Jahren die bittere Wahrheit. Deutsch lernen ist der Schlüssel zur Integration. Deutsch lehren ist der Schlüssel zur Armut - zur Desintegration. Der BMI verweist dabei auf die Vertragsfreiheit zwischen Kursträger und Lehrkraft und sorgt durch die desaströse Unterfinanzierung der Integrationskurse dafür, dass es keine Vertragsfreiheit gibt.

Stephan Pabel, Bonn

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