Inklusion eine reine Sparmaßnahme in NRW

Zum Artikel "Breite Verunsicherung vor dem Start" und Kommentar "Vor allem Qualität" von Wilfried Goebels, erschienenen am 11. August

 Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule in Hannover. Zum 1. August 2014 begann in Nordrhein-Westfalen der Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht.

Eine behinderte Schülerin sitzt in ihrem Rollstuhl im Klassenraum einer Integrierten Gesamtschule in Hannover. Zum 1. August 2014 begann in Nordrhein-Westfalen der Rechtsanspruch auf inklusiven Unterricht.

Foto: dpa

Der Kommentar entbehrt der Logik und weicht der Kernproblematik aus. Die zu Recht geschilderten Probleme lösen sich weder durch Fortbildungsmaßnahmen der betroffenen Lehrer noch durch andere, nicht näher definierte Rahmenbedingungen auf. Sie sind strukturell unlösbar, weil "störende Ablenkungen", wie es der Kommentator nennt, systemimmanent sind und das Leistungsvermögen aller Beteiligten, also auch der behinderten Kinder, darunter leidet. Pädagogen "fürchten" diese Entwicklung nicht, sie erleben sie tagtäglich hautnah. Wer dies beklagt, gerät umgehend in Diskriminierungsverdacht. Es gibt wohl keine Berufsgruppe hierzulande, die auf mehr politische Spielwiesen geschickt wird als die der Lehrerschaft.

Es bleibt die grün-rote Dauerschleife in der NRW-Schulpolitik: Ideologie statt Vernunft.

Torsten Lange, Bonn

Wilfried Goebels legt den Finger in die Wunde: Das allseits wünschenswerte Konzept "Inklusion" wird in der Umsetzung an den Schulen zur reinen Sparmaßnahme. Es gibt keine Standards für die Qualität - die Klassen bleiben bei maximal 32 Schülern, der Umfang der Förderung ist nicht garantiert - da werden allenfalls eine unqualifizierte Begleitperson oder wenige Wochenstunden Sonderpädagogik übrig bleiben. Eine Anweisung des Ministeriums besagt, wenn "Inklusions"-Klassen kleiner werden, müssen die Parallelklassen größer werden.

Weitere Fakten: Das Land ist finanziell stehend K.o. 2014 werden etwa 3000 Landesstellen gestrichen. Davon sind 1900 Lehrerstellen. Allein der Berufsbildung werden 1400 Stellen weggenommen. Davon werden nun einige mit großem Tamtam in "Inklusion" investiert. Es ist nicht einmal gesagt, dass diese Lehrkräfte Sonderpädagogik gelernt haben.

Auch die Förderschulen mit ihrer jahrelangen Erfahrung werden durch die Aufrechterhaltung der Mindestgröße für diese Schulen dicht gemacht - wenn nur 30 Prozent der Eltern ihre Kinder auf die Regelschule wechseln lassen, wird der Laden dicht gemacht. Das spart bares Geld - jede Schule ist für den Schulträger teuer, und die Klassen dort sind klein. Die Kinder, die noch auf Förderschulen gehen sollen oder müssen, dürfen bald Stunden im Bus sitzen.

In den "Inklusions"-Klassen werden die Regelschullehrkräfte noch stärker überfordert. Für deren Beschulung ist die "normale" Lehrkraft gar nicht qualifiziert. Man kann sich vorstellen, welche extremen und verschiedenen Verhaltensweisen da auf die Klassen zukommen. Pro "Inklusions"-Kind wird es einige Förderstunden geben - den Rest der Wochenstunden ist keine qualifizierte Lehrkraft für diese Kinder in der Klasse. Das kann nur in Ausnahmefällen funktionieren. Stress und Streit auch unter den Eltern ist programmiert. Viele "normale" Kinder brauchen auch viel Zeit und Aufmerksamkeit, um ihre Abschlüsse zu schaffen.

Guido Bley, Königswinter

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