Gelungener Spagat zwischen Jagdinteressen und Tierschutz

Zum Artikel "Kreis-FDP empört über neues Jagdgesetz", erschienen am 30. Dezember

Naturschutz, Tierschutz und große Teile der Öffentlichkeit sehen die Jagd in ihrer heutigen Form zunehmend kritisch. Es war dringend nötig, die seit 60 Jahren geltenden Jagdgesetze auf den Prüfstand zu stellen und bei der Novellierung zeitgemäße ökologische und ethische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

Jährlich werden in Deutschland gut eine halbe Million Füchse erlegt, ohne dass eine sinnvolle Nutzung stattfindet. Mit ethischen Prinzipien unvereinbar sind auch Fallen- und Baujagden oder die aktive Förderung von Tierbeständen zum Zweck der Jagd.

Die Jagd sollte ferner mit bleifreier Munition erfolgen, um Tiere, Umwelt und Verbraucher nicht weiter mit Blei zu belasten. Zudem darf die Jagd in Schutzgebieten des Naturschutzrechts ausschließlich dem Schutzzweck dienen. Ein Riesenfortschritt ist die komplette Streichung aller Greifvögel aus dem Jagdrecht.

Die Jagd soll ja keinesfalls abgeschafft werden; das zeigt ein Blick in die Jagdstatistik des Jahres 2013/14. Von den 955 682 erlegten Tieren hätten nach den geplanten Änderungen in dem Jagdjahr nur 17 800 Tiere nicht geschossen werden dürfen, gerade mal 1,9 Prozent der Jagdstrecke.

Unter diesen sind gefährdete Arten wie die Waldschnepfe (2650 Stück) oder einfach nur lebende Übungsziele wie Türkentauben (3400), Blässhühner (2110), Höckerschwäne (113) oder Lachmöwen (1920).

Wenn also mit dem neuen Jagdgesetz mehr als 98 Prozent der Abschüsse auch zukünftig erfolgen dürfen, ist dies ein Ausdruck des gelungenen Spagats zwischen Jagdinteressen und Natur- und Tierschutz.

Schließlich, wenn der Vorsitzende der Kreisjägerschaft mutmaßt, die Grünen wollten das Gesetz durchpauken, damit der verantwortliche Minister sein Gesicht nicht verliert, ist das schon eine Diffamierung der demokratischen Willensbildung - an der die FDP zu ihrem Leidwesen immer weniger beteiligt ist, was dazu zu führen scheint, dass sie die Vertreter von Partikularinteressen hofiert - früher waren das die Hoteliers, jetzt sind es die Jäger. Natur- und Tierschutzorganisationen waren auf der Diskussionsveranstaltung, über die berichtet wurde, jedenfalls nicht angemessen beteiligt.

Prof. Dr. Wolfgang Hachtel, Bonn

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