Geheimtreffen mit Honoratioren umstritten

Zur Finanzmisere der Stadt Bonn und Einladung von Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch zu einem Geheimtreffen mit Honoratioren

 Eine "geheime" Gesprächsrunde von OB Jürgen Nimptsch zur Haushaltslage im Kanzlerbungalow führte im Rathaus zum Disput.

Eine "geheime" Gesprächsrunde von OB Jürgen Nimptsch zur Haushaltslage im Kanzlerbungalow führte im Rathaus zum Disput.

Foto: Lannert

Es gehört zu den Aufgaben des OB, dem Stadtrat einen Haushaltsplanentwurf vorzulegen. Wie sich OB Nimptsch dazu seine Meinung bildet, geht den Rat an sich nichts an. Das sollten die Granden des Rates einmal bedenken, bevor sie ein Treffen des OB - mit wem auch immer - als Geheimtreffen deklarieren. Ein Treffen ist nicht schon deswegen geheim, weil jemand, der gern dabei sein möchte, nicht eingeladen worden ist.

Ich empfehle den Vertretern von CDU, FDP und Grünen, die sich jetzt künstlich über das Treffen aufregen, einen Volkshochschulkursus über Staatsverfassungsrecht. Vielleicht verstehen sie dann besser oder vielleicht sogar überhaupt erst, zwischen den Aufgaben und Pflichten von Legislative (Stadtrat) und Exekutive (Stadtverwaltung) zu unterscheiden.

Arno Leskien, Bonn

Oberbürgermeister Nimptsch hat völlig Recht, wenn er zur Haushaltsberatung kompetente Leute einlädt und dies nicht Hinz und Kunz kund tut. Was passiert denn sonst mit seinen laut gedachten Ideen wie Schwimmbad-/Büchereischließung oder gar Kürzung des Etats für die Bonner Oper? Genau, es fängt wieder das weinerliche Getue der jeweiligen Lobby an, dass man natürlich sparen müsse, aber doch bitte bitte nicht bei ihnen.

Und was macht der demokratische Rat dann? Genau, er knickt ein wie immer bisher, und damit wenigstens etwas mehr Geld in die Kasse kommt, werden Steuern und Besitzabgaben erhöht. Ist ja auch einfach und lässt sich im Bedarfsfalle bis zur Zwangsvollstreckung des Schuldners umsetzen.

Mit welchem Recht oder welcher sozialen Verantwortung eigentlich? Nur weil ich mir - statt jedes Jahr Urlaub auf Mallorca oder Auto auf Leasingraten - ein Haus leiste, muss ich doch nicht einem Opernbesucher jede Karte mit 150 Euro und mehr subventionieren. Wie wäre es denn, wenn der Kunstliebhaber für sein Hobby mal selbst bezahlt. Gerne kann man die freien Sitzplätze an sozial Bedürftige vergeben, von mir aus sogar kostenlos. Aber das wird schon nicht passieren, die Klientel möchte ja lieber bei Schnittchen und Champagner unter sich sein - natürlich preisgünstig. Dass der OB dem ganzen Hickhack im Stadtrat entgehen will, kann ich gut verstehen, ihm reicht es. Mir reicht es schon lange.

Helmut Hansen, Bonn

Wieder mal ein Vorstoß von Herrn Nimptsch, bei dem man sich wünscht, dass ein OB nur repräsentative Aufgaben zu erfüllen hat. Herr Nimptsch lädt Honoratioren ein. Es stellt sich die Frage, was soll das? Die Irritationen der Parteien sind nachvollziehbar.

Wer ist denn eingeladen und warum? Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse. Soll er nur die Klage auf Erfüllung der Bürgschaft (80 Millionen Euro plus x) zurücknehmen? Die im Übrigen beim zuletzt veröffentlichten Defizit noch nicht berücksichtigt sind. Die Polizeipräsidentin, um erwartete Proteste der diversen Lobbyisten (Schwimmbäder, Büchereien, Opern- und Theaterfreunde) im Keim zu ersticken?

Ich hoffe immer noch auf eine Aufklärung von Herrn Nimptsch, was er sich dabei gedacht hat und vor allem, dass am Ende ein positives Ergebnis steht. Ansonsten hoffe ich, dass Bonn auch die paar Jahre der Regentschaft Nimptsch übersteht.

Dieter Schild, Bonn

Toll, Herr Nimptsch, klasse, das war zum Schluss noch mal richtig gutes Kabarett. Mit einem Schlag nicht nur den gesamten Bonner Rat, sondern auch die 138 000 Wähler der letzten Kommunalwahl getroffen. Falls Sie es mit den Entscheidungsträgern jedoch tatsächlich ernst gemeint haben sollten, werde ich in Gewerkschaft und Kirche eintreten und versuchen, mich irgendwie mit Herrn Beikircher zu befreunden. An Kommunalwahlen nehme ich dann nicht mehr Teil.

Armin Dibbern, Bonn

Augen zu und durch? Ein total marodes Stadthaus, kaputte Straßen, Oper, Stadthalle oder Schulen, für deren Renovierung das Geld fehlt, aber "das Bekenntnis zum Festspielhaus steht". Man meint, es wird von zwei verschiedenen Städten geredet - die eine bei öffentlichen Gebäuden schon fast im DDR-Miserelook, die andere noch in der Zeit, als die Bundesregierung die Millionen für die Repräsentation locker machte.

Dabei ist das Festspielhaus , das angeblich der Stadt geschenkt wird, nicht gratis zu haben. Schon die Herrichtung des neuen Standorts neben der Beethovenhalle, der soviel billiger sein soll, wird uns Bonner viele Millionen kosten. Dazu muss das abgerissene Studentenheim an anderer Stelle aufgebaut werden. Und dann reichen die Erträge der Stiftung für die laufenden Kosten dieses Wolkenkuckucksheims - jedenfalls bei den heutigen Renditen - längst nicht aus, also muss auch das in den überschuldeten Haushalt hinein. Schließlich wird die Beethovenhalle natürlich deutlich weniger ausgebucht sein, so dass auch hier mit viel geringeren Einnahmen gerechnet werden muss. Aber renoviert werden muss sie trotzdem für 30 Millionen Euro.

Alles führt dazu, dass wir zwar ein Festspielhaus und eine neu renovierte Beethovenhalle nebeneinander hätten, aber noch mehr marode Schulen, längst geschlossene Büchereien und eine Stadt, die statt mit Blumen mit Schlaglöchern dekoriert ist.

Ein Diamant auf abgewetzter Robe bringt es nicht. So sehr wir alle uns einen modernen Konzertsaal wünschen: muss es ein Neubau sein? Die reichen Düsseldorfer haben ihre alte Tonhalle tadellos hergerichtet. Das kriegt man auch mit der denkmalgeschützten Beethovenhalle hin.

Änne von Bülow, Bonn

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