Fragen zum Festspielhaus reißen nicht ab

Zum geplanten Festspielhaus in Bonn

Wie eine Rampe über den Rhein wirkt der Entwurf für ein Festspielhaus von Karl-Heinz Schommer.

Wie eine Rampe über den Rhein wirkt der Entwurf für ein Festspielhaus von Karl-Heinz Schommer.

Foto: Deutsche Post

Kann man nicht Festspielhaus-Befürworter sein und dennoch Zweifel haben und mögliche Risiken aufzeigen? Wäre es nicht viel redlicher von Seiten der Festspielhaus-Befürworter, wenn auch sie deutlich machten, dass die angespannte finanzielle Situation in Bonn sie umtreibt und die Zukunft auch von ihnen eben nicht vorhersehbar ist?

Dass also auch sie die Zinsen auf ein Stiftungsguthaben in noch unbekannter Höhe nicht einschätzen können, die veranschlagte Besucherzahl denkbar, aber eben nicht sicher ist, dass eigentlich die Zeit der großen Festspielhäuser vorbei ist - wie man auch hört - und eher ein großer Kammermusiksaal fehlt? Kurz: dass man nicht ausschließen kann, dass auf die Stadt nicht kalkulierbare Belastungen zukommen?

Mitglieder des Vorstandes der Bürger für Beethoven greifen sie öffentlich an, nicht bedenkend, dass sie damit die Intendantin des Beethovenfestes beschädigen. Die Bürger für Beethoven, deren Satzungszweck ausdrücklich die Förderung und Unterstützung der Internationalen Beethovenfeste ist - sieht Unterstützung so aus?

Elisabeth v. Blomberg, Bonn-Bad Godesberg

Anscheinend muss man die Leser, die das Festspielhaus nun gegen die Beethovenhalle ausspielen wollen, kurz an die Entwicklung der ganzen Story erinnern: Das ursprüngliches Konzept und der ursprüngliche Wettbewerb sahen ein Festspielhaus an Stelle der Beethovenhalle vor. Dieses - zwar auch nicht vollkommen ausfinanzierte, aber wesentlich fundierter und realistischer geplante - Projekt wurde seinerzeit beerdigt, und zwar vom Oberbürgermeister höchstpersönlich.

Warum? Weil der OB vor den "Freunden der Beethovenhalle" zurückwich, die die Beethovenhalle erhalten wollen. Darin steckt doch eines der gewaltigen Probleme: Die Politik bricht durchaus vernünftig erscheinende Planungen ab und verzögert, bis es so richtig teuer und unvernünftig wird.

Und will uns gleichzeitig weismachen, selbstverständlich werde uns das alles nichts kosten, weil ja alles ausschließlich privat finanziert werde. Natürlich außer den Planungs- und Abrisskosten in Millionenhöhe etc. Und in fünf Jahren wird es dann wieder heißen, jedem Bonner habe doch klar sein müssen, dass ein solch prächtiges Festspielhaus nicht zum Nulltarif zu haben ist. Ist mir und vielen anderen schon heute klar. Deshalb sind wir ja dagegen.

Hans-Willi Hefekäuser, Bonn

Im Streit um das Bonner Festspielhaus gibt es nur eine zufriedenstellende Lösung: die Entscheidung durch die Bonner Bürger selbst. Der demokratischste Weg wäre, wenn der Bonner Stadtrat selbst nach den Bestimmungen der Gemeindeordnung eine Bürgerentscheid beschließt. Falls die Fraktionen des Stadtrats hierzu nicht in der Lage sind, sollten die Organisationen und Gruppen, die sich durch das finanzielle Engagement der Stadt benachteiligt fühlen, ein Bürgerbegehren starten. Wenn es ihnen gelingt, hierfür etwa 12 400 Unterschriften zu sammeln, entscheiden alle Bürger Bonns.

Bei einem positiven Entscheid hätte das Festspielhaus Beethovens eine demokratische Legitimation und der Weg der Bonner Demokratie würde durch eine aktuelle Etappe ergänzt.

Prof. Dr. Karlheinz Niclauß, Remagen

Nike Wagner hat mit Ihrer distanzierten Haltung zum Festspielhaus sehr wahrscheinlich die Umstände der Einweihung des Beethovendenkmals in Bonn, verbunden mit dem ersten Beethovenfest und der Errichtung des ersten Festspielhauses im Jahre 1845 in Erinnerung, bei dem die Stadt Bonn und ihre Bürger schon damals Zeugnis ihrer Unfähigkeit ablegten, ein solches Ereignis zu stemmen. Nur Dank des Organisationstalents und der Großzügigkeit von Nike Wagners Ururgroßvaters Franz Liszt gelang es seinerzeit, sowohl das Denkmal wie auch das Festspielhaus in unglaublich kurzer Zeit fristgerecht fertigzustellen.

Richtig gedankt haben es die Bonner diesem philanthropischen Genius nie, weder damals noch heute. Wie sonst ist es zu erklären, dass in den Beethovenfesten der letzten Jahre der Name Liszt so gut wie nicht vertreten ist. Nike Wagner befürchtet wahrscheinlich, dass die Vorbereitungen zum 250. Geburtstag Ludwig van Beethovens im Jahre 2020 ähnlich desaströs verlaufen könnten, wie weiland 1845. Nur, dass diesmal kein Liszt bereit steht, um die Sache in die Hand zu nehmen.

Peter Bradhering, Alfter

Das Festspielhaus kann man bauen, wenn man Folgendes bedenkt und die Ergebnisse öffentlich macht:

1. Für die Region alleine braucht man keinen Konzertsaal dieses Anspruchs. Die Zeiten bundesrepublikanischer Repräsentanz sind vorbei. Beethoven als "Marke" ist neuerdings ein Touristik-Marketing-Begriff, der Beethoven kleiner macht als er ist.

2. Anders wäre es, wenn sich mit dem Plan eines Festspielhauses eine komplette Wende der Beethoven-Pflege hin zu international beachteter Beethoven-Repräsentanz verbände. Wo ist das Konzept?

3. Was ist geplant, das dem kulturellen Alleinstellungsanspruch als Beethovens Geburtsort nachhaltig und international inhaltlich gerecht wird über die beachtliche Arbeit des Beethovenhauses hinaus?

4. Was ist geplant, Beethoven über seine singuläre Musik hinaus als geistig-kulturellen Repräsentanten seiner Epoche zu würdigen?

5. Kann die Stadt auf lange Sicht das Projekt eines neuen Konzerthauses wirtschaftlich auf eine Weise betreiben, dass es eine national und international beachtete Adresse wird und bleibt? Können die sehr teuren internationalen Orchester und Dirigenten nachhaltig finanziert werden? Wie steht es um die Konkurrenz zu Unternehmen in Köln, Düsseldorf, im Ruhrgebiet? Wie um die internationale Konkurrenz 2020 in Wien, Paris, London und Berlin?

6. Täte es alternativ am Ende auch ein sehr großer, preiswerterer Kammermusiksaal, wenn die erschwinglicheren internationalen Solisten regelmäßig aufträten und für programmatisches Aufsehen sorgten? Rechnet sich das nicht besser?

7. Das kulturelle "Nutzerverhalten" hat sich überall dramatisch verändert. Das weiß jeder, der sich mit Kunst- und Kulturvereinen und -institutionen beschäftigt. Wie verträgt sich die Planung eines neuen Konzerthauses mit dem Phänomen sich entleerender Hallen?

8. Es fehlt eine öffentliche Stellungnahme der Universität und der übrigen wissenschaftlichen Einrichtungen, die Bonn auch ein unverwechselbares "Image" verleihen. Deren Kooperation ist für eine neuartige "Beethoven-Repräsentanz" unerlässlich.

Solche Fragen müsste eine überzeugende Idee für 2020 und die folgenden Jahre beantworten, die inhaltlich und programmatisch begründet, warum eine so gewaltige Unternehmung die Stadt zu einer kulturellen Zeitenwende führen könnte. Denn anders sind Etat-Veränderungen bei der sogenannten kulturellen Bildung und Grundversorgung genauso wenig wie bei Freizeit und Sport überhaupt zu verantworten.

Die Antwort fehlt bisher. Der Stadtrat muss klar Stellung beziehen. Ein Businessplan soll vorliegen. Warum wird er nicht veröffentlicht, um alle Zweifel zu beseitigen?

Ich wäre sehr für einen kräftigen Aufschwung, auch mit Festspielhaus, der anspruchsvollen und wegweisenden Pflege des kulturellen Erbes unserer Stadt, vor allem mit dem großzügigen Angebot der Deutschen Post/DHL und der Bundes-Stiftung im Rücken.

Thomas Grundmann, Bonn

Die Befürworter der Festspielhausidee sind von allzu schönen Wunschträumen beseelt. Denn die schnöde Wahrheit lautet: Bonn ist pleite. Das Problem sind weniger die Baukosten, die mit viel privatem und unternehmerischem Engagement wohl gestemmt werden könnten - auch wenn der funkelnde Bau am Schluss sicher wesentlich teurer würde.

Zum Millionengrab werden vielmehr die Baukosten. Wer zahlt denn, wenn sich die unrealistischen Erwartungen hinsichtlich der hohen Zuschauerzahlen nicht erfüllen? Es werden wieder einmal die Bonner Bürger sein - und zwar 30 Jahre lang.

Im Kern der Debatte geht es um folgende Frage: Oper oder Festspielhaus? Beides kann nicht gehen. Für den echten Musikfreund ist die Antwort klar: Der Fortbestand der Oper hat ein wesentlich höheres Gewicht, während das Festspielhaus eine zwar schöne, aber leider unerfüllbare Vision bleibt. Dieses Votum ist keine Miesmacherei, sondern an Fakten orientiert.

Dr. Detlev Lipphard, Grafschaft

Nun rächt es sich, dass Schiller in seiner Ode an die Freude nur von Brüdern, aber nicht von Schwestern spricht, denn über eine der Schwestern, Nike Wagner, brach ein heftiger Shitstorm herein. Da weilte kein sanfter Flügel. Denn sie gehört wohl nicht zu den Menschen, die das Urteilsvermögen in Sachen Festspielhaus gepachtet haben.

Wenn einer der Entwürfe, die den Bunker nicht mit einschließen, zum Zuge kommt, dann werden wir sehen, wie die Stadt mit ihren 4,4 Millionen Euro Erschließungskosten und dem Zeitplan hinkommt. Frau Wagners Bedenken, auch die in Sachen Betriebskosten, teilen jedenfalls sehr viele Bürger.

Wolfgang Luckner, Bonn

Die Haltung der Landesregierung NRW zum Beethoven-Festspielhaus ist ein Zeichen ihrer Unbedarftheit. Die Aussage, alle Städte gleich behandeln zu müssen, ist befremdlich. Sie muss Bonn nicht wie Oberhausen oder Essen behandeln. Ungleiches darf ungleich behandelt werden.

Und Beethoven bedeutet ein Alleinstellungsmerkmal für Bonn. Alle Welt verbindet Bonn mit Beethoven und Beethoven mit Bonn. Das rechtfertigt eine andere Behandlung Bonns, und ein Betriebskostenzuschuss zum Festspielhaus wäre deshalb durchaus möglich, wenn der gute Wille da wäre.

Beethoven ist das Pfund, mit dem Bonn und NRW wuchern müssen. Die Merkmale Bundesstadt und UN-Stadt wiegen demgegenüber eher nachrangig. Aber auch dafür tut die NRW-Landesregierung offenbar wenig.

Carl L. Sträter, Bonn

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