Finanzielle Schieflage ist nicht überraschend

Zu den Berichten und Kommentaren über die sich weiter verschlechternde Haushaltslage der Stadt Bonn

Aufgrund der Ergebnisse des zweiten Quartalsberichts wird eine Deckungslücke in Höhe von rund 132 Millionen Euro im städtischen Haushalt 2014 erwartet. Als Begründung werden natürlich in erster Linie die zusätzlichen Sozial- und Personalaufwendungen angegeben. In späteren Sätzen werden dann Mindererträge, hier insbesondere bei der Gewerbesteuer, herangezogen.

Die zusätzlichen Sozial- und Personalaufwendungen werden wohl den kleinsten Posten der zusätzlichen Aufwendungen ergeben. Die finanzielle Schieflage wird in diesem Falle bei den Mindereinnahmen der Steuern liegen. Dieser Punkt ist für mich der schlimmste Fall, obwohl es mich sehr erstaunt, dass gerade die Kommune Bonn so unter den Steuermindereinnahmen leidet, hört man doch von allen Seiten, dass gerade die Steuereinnahmen nur so sprudeln. Da hier in Bonn etliche Großfirmen ihren Sitz haben, fließen hier die Steuereinnahmen nicht? Es werden doch nicht alle abwandern, weil man nicht in der Lage ist, notwendiges Baugelände zu eröffnen.

Auch die Stadt hat bei ihrer Haushaltsaufstellung unter anderem die Haushaltsgrundsätze der "Haushaltswahrheit und -klarheit" zu beachten. Mindereinnahmen entstehen nur, wenn die etatisierten Einnahmen nicht erreicht werden. Es ist ein alter Hut, dass bei Haushaltsaufstellungen (der Etat muss ausgeglichen sein - Haushaltsgrundsatz der "Ausgeglichenheit") oft höhere Einnahmen eingeplant werden, und zwar unter Außerachtlassung der erst genannten Haushaltsgrundsätze.

Einnahmen werden aufgehübscht, das heißt, sie werden angehoben mit der vagen Hoffnung, es könnte ein Wunder geschehen. Meistens tritt ein solches nicht ein und schon klaffen die Deckungslücken. Die Stadt Bonn schliddert schon seit längerer Zeit an einem Nothaushalt entlang. Liegt es dann nicht nahe, den jeweilig aufgestellten Haushalt mit allen möglichen Mitteln auszugleichen?

Klaus -Jürgen Hofmann, Bonn

Herr Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch und Herr Stadtkämmerer Ludger Sander: Bonn droht also der Finanzkollaps und das, obwohl Rat und Verwaltung immer noch über verschiedene Kanäle Geld für ein Philharmonieprojekt ausgeben, das den Bonner Bürgern nichts kosten soll? Die Projektkosten sind selbst nach Jahren der Diskussion und des Geldsammelns nicht beisammen. Bei den klassischen Fehlkalkulationen "öffentlicher" Projekte wird am Ende auch hier der Bonner Bürger die Rechnung zahlen.

Solange Rat und Verwaltung es regelmäßig hinbekommen, zentrumsschädigende Projekte zu genehmigen oder ansässige Unternehmen, Bürger und Besucher mit Ratsbeschlüssen oder seltsam gestalteten Verwaltungsakten - Verbot der Apotheken-Belieferung in der Fußgängerzone, Tempo-30-Zonen - zu ärgern, braucht man sich nicht über Steuermindereinnahmen zu wundern.

Solange Rat und Verwaltung nicht in der Lage sind, gemeinsam echte Sparanstrengungen zu zeigen, wird anscheinend nur in Bereichen gespart, wo über geringe Sparbeiträge eine große Zahl von Bürgern möglichst deutlich getroffen wird, zum Beispiel bei Sportanlagen, Büchereien und Reparaturstau bei Schulgebäuden.

Gesunde und gebildete Bürger sind uns ja so wichtig. Dagegen werden gerne hohe Beträge in Projekte einzelner kleiner Klientelgruppen gesteckt, die ihre Eintrittskarte für die übersubventionierte Oper auch selber bezahlen könnten. Bei den Sparmaßnahmen für die Kinder- und Jugendprogramme im Kulturbereich stirbt der interessierte Besucher auf Dauer sowieso aus.

Statt wieder einmal die eigene Bevölkerung mit neuen Steuern und Abgaben zu drangsalieren, sollte die Stadtspitze aufpassen, damit sie nicht von dubiosen Investoren abgezockt wird, sie nicht von politischen Fantasten in risikoreiche Projekte getrieben wird. Stattdessen sollte sie vielleicht wieder mehr auf die wirklichen Wünsche der Bewohner hören.

Stefan Rosen, Bonn

Es ist ein großartiges Angebot des General-Anzeigers, täglich dem Bürger die Möglichkeit zu geben, sich über Missstände in Staat und Stadt zu äußern.

Wenn aber der Bürger aus Gründen der Gleichgültigkeit schweigt, wie im Fall der angekündigten Grundsteuer-Erhöhung, dann muss er auslöffeln, was die Stadt ihm einbrockt.

Eine Stadt, die vom Bund so viel Geld erhalten und nun ein Defizit von 132 Millionen erwirtschaftet hat, greift jetzt in die Taschen derer, die sich mit großen Anstrengungen ein Eigenheim geschaffen haben. Es trifft die Bürger, die nicht zweimal im Jahr nach Gran Canaria in Urlaub gefahren sind, die jeden Groschen und Cent im Einfamilienhaus angelegt haben, am stärksten.

Das trifft auf rund 40 000 Einfamilienhausbesitzer in Bonn zu. Man will es von denen holen, die etwas haben, ohne Rücksicht auf ihre finanzielle Situation.

Die Besitzer von Mietwohnungen werden die Grundsteuer-Erhöhungen auf die Mieten schlagen, wodurch teilweise das erhöhte Wohngeld wiederum von der Stadt getragen wird. Die Katze beißt sich so in den eigenen Schwanz. Dass unter diesen Umständen die Großprojekte der Stadt, wie zum Beispiel der Bahnhofsvorplatz, vorerst auf Eis gelegt werden müssen, versteht sich von selbst. Wenn ihr Bürger aber schweigt, weil ihr zu bequem seid, zur Feder zu greifen, dann habt ihr noch nicht verstanden, was es heißt, mehr Demokratie zu wagen.

Heinz Emrich, Bonn

Im Bild zum Artikel "Schuldnerberatung in neuen Räumen" sehe ich Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch im Kreise einer Gruppe von Schuldnerberatern. Ich freue mich über seine Einsicht in die prekäre Haushaltslage der Stadt Bonn und bin sicher, dass die Schuldnerberater ihm nicht nur die Lösung der Einnahmenerhöhung ("begrenzte Sondergrundsteuer", natürlich auf unbegrenzte Zeit) anrät, sondern auch der Ausgabenvermeidung. Da gäbe es viele Ansätze, zumal der OB nicht auf seine Wiederwahlchancen achten muss.

Richard Bauer, Bonn

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