Faire Einkaufspreise sind eine naive Vorstellung

Zum Bericht "Aldi: Fleisch und Wurst nochmals billiger" vom 17. März

Würden sich Preise ausschließlich durch Angebot und Nachfrage regulieren, wären wir mindestens ein weiteres Dutzend Sorgen los. Ich werfe hier nur mal die Begriffe Monopol, Oligopol und Polypol sowie Fixkosten und variable Kosten in den Raum. Wer glaubt, dass Discounter Preise fair verhandeln und gesunkene Einkaufpreise freiwillig von den Anbietern gewährt werden, lebt in einer sehr naiven Welt. Sinkende Einkaufspreise kommen zustande, weil die Discounter sich mit ihrer großen Marktmacht vor den Anbieter stellen und ihm eröffnen, dass sie künftig niedrigere Einkaufspreise zahlen.

Der Anbieter hat dann die Wahl, das abzulehnen oder zu akzeptieren und danach seine Kosten zu senken. Nun hat aber jeder Anbieter auch Fixkosten. Er kann nur in den variablen Kosten sparen, was am einfachsten über die Löhne geht. Womit wir die Spirale noch weiter anziehen: Immer mehr Menschen können sich immer weniger leisten, sind also gezwungen, beim Discounter einzukaufen. Damit erhält der noch mehr Macht und kann die nächste Preisrunde einläuten. Alternativ kann der Anbieter natürlich auch versuchen, die Erträge stabil zu halten, was aber auch ganz zwangsläufig zur Minderung der Qualität führt.

Und hier ist die Kette der Preissenkungen ja noch lange nicht zu Ende. Wir haben ja noch die Erzeuger, die Viehwirte. Auch sie müssen Kosten senken oder die Produktion steigern, um die Erträge stabil zu halten. Das heißt, mehr Vieh zum gleichen niedrigen Preis. Wir sind alle mit verantwortlich für Mindestlohndiskussion und die größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich. Mittlerweile gelange ich zu der Einsicht, dass Mindestlöhne eine Mindestpflicht der Politik sind, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Die zweite Pflicht haben wir Verbraucher: Besinnung auf Qualität und die Bereitschaft, auch mal etwas mehr Geld für Lebensmittel auszugeben und nicht alles bei den Discountern zu kaufen.

Andreas Rodemann, Bad Honnef

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