"Einwanderungsgesetz könnte Klarheit schaffen"

Zu den Berichten über die Ereignisse in Frankreich, Karikaturen, Solidaritäts-Kundgebungen, den Islam, möglichen Konsequenzen, zu Leserbriefen und zum Kommentar "Die Staatsräson" von Ulrich Lüke

US-Außenminister John Kerry und sein französischer Amtskollege Laurent Fabius legen zum Gedenken an die Opfer einen Kranz nieder.

US-Außenminister John Kerry und sein französischer Amtskollege Laurent Fabius legen zum Gedenken an die Opfer einen Kranz nieder.

Foto: dpa

Dem Terroranschlag liegt ein Konflikt zugrunde, der nicht einfach zu lösen ist. Die westliche Welt besteht auf unbeschränkter Meinungsfreiheit, während gläubige Muslime, also nicht nur die Terroristen, nicht tolerieren können, dass ihr Prophet Mohammed gar in "gotteslästerlichen Karikaturen" abgebildet wird.

Gibt es Möglichkeiten, diesen Konflikt zu lösen? Selbst wenn man versuchte, einen europäischen Islam zu definieren, wird diese Variante das Verbot des Abbildens des Propheten weiter beinhalten, das eigentliche Problem also nicht lösen. Die aus meiner Sicht einzige Lösung dieses Konflikts könnte darin bestehen, Eigenheiten der unterschiedlichen Religionen zu beachten und auf deren Verspottung zu verzichten.

Ob solche Restriktionen eines Gesetzes bedürfen, will ich mal offen lassen, andererseits zeigte das Verhalten der Bundesregierung im Fall der Beschneidung von jüdischen Jungen extreme Flexibilität, die Muslime und weitere Religionen sicher auch erwarten können sollten.

Volker Koos, Bad Honnef

Die Beteuerungen der verschiedenen Islamvertreter in Deutschland, der "richtige" Islam habe nichts mit den derzeit zunehmenden Gewaltexzessen zu tun, sind für mich wenig überzeugend.

In einem ausführlichen Interview der Wochenzeitschrift "Die Zeit" mit einem aus der Türkei stammenden Islamwissenschaftler, der als Religionspädagoge an der Universität Wien lehrt, entsteht ein völlig anderer Eindruck. Dieser bezeichnet die Religion des Islam als "Theologie der Gewalt". Danach werden die geistigen Grundlagen der Gewalt immer noch in den Universitäten der arabischen Welt und in den Moscheen Europas gelehrt und gepredigt.

Auch in Bonn gab es ja vor nicht allzu langer Zeit eine islamische Akademie, die den Heiligen Krieg auf dem Lehrplan hatte. So lange das so ist, sorgt der Islam selbst für stetigen Nachwuchs an radikalen Islamisten rund um den Globus. Hier müsste doch zuallererst eine radikale Änderung erfolgen.

Heinrich Seiberts, Bonn

Die vom Zentralrat der Muslime und der Türkischen Gemeinde organisierte Mahnwache in Berlin, an der deutsche Spitzenpolitiker und hohe Repräsentanten der Kirche teilnahmen, deute ich als Zeichen des notwendigen Dialogs zwischen Christen, Juden und Muslimen. Den Medien entnehme ich das gemeinsame Bekenntnis gegen jede religiös begründete Gewalt. Der Fremdenfeindlichkeit wird entgegengesetzt, dass alle in unserem Land Deutsche sind, egal ob Christen, Juden oder Muslims. Die festgestellten Gemeinsamkeiten sind ermutigend für das Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Religionen. Ich bezweifle, dass die in jüngster Zeit einmal mehr deutlich gewordenen Ängste vor Islamisierung und Überfremdung hierdurch gemindert werden.

Den Appellen müssen Taten folgen. Für die Terrorbekämpfung ist es dringend notwendig, rasch unsere Antiterrorgesetzgebung zu überprüfen und die Zusammenarbeit der Geheimdienste optimal zu nutzen. Auch Maßnahmen wie Fluggastdatenaustausch und Vorratsdatenspeicherung dürfen nicht tabu sein. Was bieten die Muslime zur Bekämpfung des islamistischen Terrors an? Was bedeutet "Der Islam gehört zu Deutschland"? Burka, Zwangsehen, Ehrenmorde, mindere Rechte für Mädchen oder muslimische Lieder in christlichen Gottesdiensten können doch nicht gemeint sein.

Ich glaube, es besteht ein Konsens, dass Zuwanderung eine Bereicherung sein kann, kulturell, wirtschaftlich oder gesellschaftlich. Wer unser Recht nicht achtet, kann nicht bleiben. Und wer auf Dauer bleiben will, muss sich integrieren wollen. Für die Aufnahme von Flüchtlingen müssen die Kommunen personell und finanziell ausreichend versorgt und die Verteilung auf die Kommunen intelligent gesteuert werden. Ein Einwanderungsgesetz könnte Klarheit und Rechtssicherheit schaffen.

Detlef Wibel, Meckenheim

Ich bin wirklich entsetzt über die Art des öffentlichen Umgangs mit Menschen, die anders denken. Eines der heiligsten Prinzipien der Demokratie wird gerade außer Kraft gesetzt: die Freiheit der Meinungsäußerung und die Freiheit, anders zu denken. Bis jetzt war es erlaubt, Sorgen zu haben und zu äußern, und um Wahrheit wurde in der Regel demokratisch gerungen. Nur in totalitären Systemen ist die Wahrheit öffentlicher Grenzwert und darf als solcher nicht in Frage gestellt werden.

Dass diese Kampagne erfolgt, nachdem Terroristen im Namen Allahs Unschuldige getötet haben, während gleichzeitig eine Hardcore-Armee von muslimischen Gotteskriegern grauenhafte Massaker im Iran und Irak verübt, lässt mich vermuten, dass es gefahrloser ist, auf Kleinbürger mit Ängsten einzuschlagen, als sich mit dem Islam auseinanderzusetzen.

Heinz-Werner Bähr, Troisdorf

Der Kommentar von Ulrich Lüke zeugt von Weitblick. In der Tat ist in der öffentlichen Debatte jetzt eine "ungeheure Differenzierungsleistung" angesagt. Niemand, der einigermaßen bei Verstand ist, wird pauschal alle Muslime für die Attentate in Paris in Mitverantwortung ziehen.

Islamverbände und Moscheevereine haben sich deutlich und glaubwürdig von den Attentätern distanziert. Genau so wie jedoch Rechtspopulisten versuchen, politischen Vorteil aus den Schreckenstaten zu ziehen, versuchen gleichzeitig große Teile des politischen Establishments, mit dem vordergründigen Aufruf zu Besonnenheit jegliche Kritik am Islam zu ersticken.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der zufällig in diesen Tagen publizierten Studie der Bertelsmann Stiftung, wonach sich mehr als die Hälfte der - übrigens vor den Terrorakten befragten - Nicht-Muslime vom Islam bedroht fühlt, muss die Diskussion um die Rolle des Islam in unserer Gesellschaft jedoch mit der von Lüke geforderten "neuen Ehrlichkeit" fortgeführt werden. "Wer Angst empfindet, hasst noch niemanden", ist eine kluge Analyse.

Zur neuen Ehrlichkeit sollte auch gehören, dass sich Deutschland beim Berlinbesuch des türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu kluge Ratschläge zum Umgang mit Islamkritikern verbittet und dass Zeitungsverleger-Präsident Heinen - übrigens in derselben Ausgabe des GA - beim Thema Pressefreiheit "Lügenpresse" skandierende Demonstranten nicht mit den Attentätern von Paris auf eine Stufe stellt.

Gregor Andreas Geiger, Alfter

Ja, ich möchte der Meinung von Ulrich Lüke ausdrücklich zustimmen. Die Erklärungen der offiziellen Vertreter der islamischen Verbände und vieler Imame sind zwar eindeutig: Die Anschläge von Paris sind nicht mit dem Islam zu rechtfertigen, im Gegenteil. Es gibt aber auf der Welt und auch in Deutschland nach wie vor zu viele Menschen, die vorgeben, ihre Gewaltbereitschaft aus dem Islam zu beziehen.

Um diesen Menschen die Grundlage für ihren - im wahrsten Sinne des Wortes Irrglauben - zu entziehen, bedarf es (weiterhin) großer Anstrengungen islamischer Geistlicher und muslimischer Verbände.

Erst, wenn in allen Moscheen deutlich und immerwährend der ausnahmslos friedvolle und gewaltverurteilende Charakter des Islam gepredigt wird, wie jetzt unmittelbar nach den Anschlägen, erst dann kann dieser Irrglaube langsam schwinden und vor allem keine neuen Anhänger finden.

Dies ist aus meiner Sicht keine ungerechtfertigte Überforderung nach dem Motto "Warum müssen wir (die Muslime) uns immer rechtfertigen?", sondern eine Konsequenz aus jahrelangen Predigten in vielen Moscheen, in denen nachweislich andere Inhalte aufgerufen wurden. Das Manifest von führenden Vertretern der Kirchen beziehungsweise Religionen in Deutschland kann eine gute Basis dafür sein. Das gemeinsame Manifest zeigt aber auch: Es gibt Werte, fundamentale Werte wie Freiheit und Demokratie, die über jeder Religion stehen. Nicht Freiheit und Staatsform müssen sich nach einer Religion richten, sondern umgekehrt.

Jochen Struck, Königswinter

In seiner Karikatur mit der Unterschrift "Abwechslung" stellt Ihr Karikaturist Burghard Mohr, den ich persönlich kenne und schätze, die Empörung über die NSA-Abhörpraktiken in Deutschland den jetzt erhobenen Forderungen nach strengeren Regelungen zur Abwehr islamistischer Terroranschläge gegenüber.

Die Empörung über die NSA-Maßnahmen war in erster Linie deshalb so stark, weil die Sicherheitsbehörden der USA offenbar jedes Maß verloren haben, ohne dass dieser Maßlosigkeit ein erkennbarer Nutzen gegenüber steht. Mir erschließt sich bis heute nicht, weshalb das Abhören der Mobiltelefone von Regierungschefs innerhalb der EU der Abwehr terroristischer Gefahren dient. Weshalb unsere Bundeskanzlerin eine verkappte Terroristin sein soll, die die Innere Sicherheit der USA gefährdet, hat mir bisher niemand erklären können.

Dieter Mechlinski, Königswinter

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