Ein schwarzer oder ein guter Tag für Bonn?

Zu den Berichten über das Projekt Beethoven-Festspielhaus in Bonn, das nach dem Ausstieg der Deutschen Post DHL Group geplatzt ist, zum Kommentar "Ein Ende mit Schrecken" von Helge Matthiesen vom 17. Juni sowie zu Leserbriefen dazu

Als die Festspielhausmodelle für die Öffentlichkeit in der Bonner Posttower-Lounge vorgestellt wurden, gab es ein großes Interesse. Doch das Projekt ist geplatzt. FOTO: LANNERT

Als die Festspielhausmodelle für die Öffentlichkeit in der Bonner Posttower-Lounge vorgestellt wurden, gab es ein großes Interesse. Doch das Projekt ist geplatzt. FOTO: LANNERT

Foto: Volker Lannert

Es erstaunt doch sehr, wie leicht die Festspielhausgegner einen großen Teil der interessierten Bonner mit ihrer scheinheiligen Argumentation überzeugt haben, mit dem Aus sei ein großes finanzielles Risiko für die Stadt abgewendet worden. Das Gegenteil ist der Fall, wenn nun den wahrlich "grünen" Vorstellungen einiger Ratsmitglieder gefolgt wird.

Fakt ist nämlich: Hätten Stadt und Rat - was sie wohlweislich nicht getan haben - einen Businessplan auch für die nach verbauten 75 Millionen angeblich konzerttauglichere Beethovenhalle erstellen lassen, so wüsste die sicher erstaunte Öffentlichkeit, dass das entsprechende Betriebsdefizit dieser Halle inklusive Zinsen, Tilgung und Instandhaltungsrücklagen sogar ein Risiko in zweistelliger Millionenhöhe für den Haushalt darstellt.

Und das selbst dann, wenn man naiv unterstellt, dass bei dieser Modernisierung erstmals die kalkulierten Baukosten tatsächlich stimmen.

Dr. Reinhard Brand, Bonn

Aus für das Festspielhaus eine Schande für Bonn? Doch wohl eher für die Post, wo Herr Appel nicht abwarten konnte, bis der Boden für das Festspielhaus bereitet war.

Dr. Walfried Pohl, Bonn

Ein schwarzer Tag für Bonn? So scheint es auf den ersten Blick, aber auf den zweiten Blick könnte es ein guter Tag für Bürger und Steuerzahler geworden sein. Die Taube auf dem Dach des Festspielhauses ist fortgeflogen und jetzt stellt sich mit Macht die Frage, wie die Beethovenstadt zu einer hochwertigen Konzerthalle kommt.

Der Beethovenhalle kommt jetzt eine zentrale Rolle zu. Die frühere Entscheidung, sie für eine Mehrzweck-Nutzung umzubauen, war schon damals überaus fragwürdig und darf jetzt revidiert werden. Denn Mehrzweck-Hallen und Tagungs-Möglichkeiten gibt es in Bonn - nach der Fertigstellung des WCCB dort und in den vielen Hotels - genug.

Jetzt ist die einmalige Chance gekommen, mit Sorgfalt und ohne irgendwelche Vorurteile zu prüfen, ob und wie man die Beethovenhalle zu einer erstklassigen Konzerthalle umbauen kann. Das sollte bis 2020 möglich sein. Auch in Köln hat sich der Bürgerwille durchgesetzt, Oper und Schauspielhaus - anstelle eines Neubaus - zu renovieren.

Klaus Fietzek, Bornheim

In ihrem Leserbrief vom 20. Juni reklamiert Frau Koch für sich das Recht auf freie Meinungsäußerung, reagiert aber überaus gereizt auf die Meinung anderer, wenn diese nicht mit ihrer eigenen übereinstimmt. Sehr Schade. Dem General-Anzeiger sei Dank, dass unterschiedliche und auch unbequeme Meinungen geäußert werden können. Dies sollte allerdings ohne persönliche Angriffe geschehen.

Zur Sache: Musik ist zweifelsfrei eine emotionale Angelegenheit. Deshalb sollte man auch nicht versuchen, diese Ebene zu verlassen und eine gekünstelte Sachlichkeit herstellen, wo es doch tatsächlich nur um Emotionen geht. Die schönen und erhabenen Gefühle beim Besuch eines Konzertes oder einer Oper seien allen gegönnt, aber eben nicht auf Kosten der Allgemeinheit. Wer ein Festspielhaus bauen und betreiben möchte, soll dies gerne tun, aber ohne Zuschüsse aus Steuergeldern.

Gustav Heyer, Bonn

2007 erklärten die drei in Bonn beheimateten Unternehmen Deutsche Telekom, Deutsche Post und Postbank die Bereitschaft, ein neues Festspielhaus zu bauen. Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: Die Stadt hätte das Angebot dankend angenommen. Man hätte den Denkmalschutz der Beethovenhalle aufgehoben, hätte sie abgerissen und das neue Festspielhaus an diesen wunderschönen Ort gebaut.

Hätte man so entschieden, dann würde Bonn heute ein beeindruckendes, neues Festspielhaus haben - für die Stadt kostenlos errichtet. Die Stadt hätte 50 bis 70 Millionen Euro gespart, die sie jetzt für eine Kernsanierung und den Ausbau der alten Beethovenhalle aufbringen muss.

Die Spannungen und kontroversen Diskussionen zwischen Anhängern von Musik und Kultur und Mitbürgern, für die Sportstätten- und Schwimmbäder-Erhalt erste Priorität haben, hätte es gar nicht gegeben. Wären das nicht geradezu paradiesische Zustände?

Und warum haben wir dieses Paradies nicht erreichen können?

Die Antwort für mich heißt: überzogener Denkmalschutzgedanke. Selbstverständlich brauchen wir Denkmalschutz, allerdings sollte man diesen Denkmalschutzgedanken nicht stur durchziehen, sondern nach verschiedensten Kriterien abwägen und dann notfalls auch einmal dagegen entscheiden können. Ist es nicht geradezu schizophren: Ein Denkmal namens Beethovenhalle lässt man über Jahrzehnte verkommen, pflegt die dazugehörigen Außenanlagen nicht, aber dann reicht ein einziges Wort aus, um die optimale Entscheidung "Festspielhaus statt Beethovenhalle" zu verhindern. Denkmalschutz, man könnte sich die Haare raufen.

Klaus Abend, Bonn

Es wurde auch höchste Zeit, dass endlich ein weiteres "Millionenspiel" begraben wurde. Die Verantwortlichen der Bundesstadt Bonn sollten bei neuen Vorhaben zunächst Kosten/Nutzen/Folgekosten prüfen, ehe sie sich für eine neue Baustelle entscheiden.

Die meisten Projekte, siehe WCCB, sind doch erheblich teurer geworden als anfangs geplant, die Verantwortlichen haben sich rechtzeitig aus dem Staub gemacht oder werden auf Kosten der Bonner Bürger vor Gericht verteidigt.

Erwin Egler, Bonn-Ückesdorf

Mit großer Freude habe ich vernommen, dass es in Bonn tatsächlich noch einen Rest an Vernunft gibt. Durch den Rückzieher des letzten Sponsors wurde Schaden von der Stadt Bonn und ihren Bürgern abgehalten.

Wer so pleite ist wie die Stadt Bonn, kann sich kein weiteres Millionengrab leisten. Marode Schulen und Kitas, kaputte Straßen und Brücken werden in den nächsten Jahren noch genug Kosten verursachen.

Bringt endlich die Beethovenhalle in Ordnung, damit sie wieder das Juwel dieser Stadt wird, das sie mal war.

Rolf Jahn, Sankt Augustin

Wenn nun die Wunden geleckt sein werden, muss ein neuer Anlauf gestartet werden. Man kann hinfallen, muss aber wieder aufstehen. Es ist an der Zeit, Beethovens Werk zu einem nationalen Anliegen zu erklären.

Verantwortliche aus Kommunal-, Landes- und Bundeskulturpolitik sowie Sponsoren müssen an einen Tisch und ich bin sicher, dass es unter Leitung einer charismatischen Persönlichkeit möglich sein wird, Beethovens Werk in den Mittelpunkt des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens zu rücken.

Natürlich in Bonn, wo sonst, aber wohl nicht mehr bis zum Jahr 2020. Seine Musik wird auch in weiteren 250 Jahren aktuell sein.

Dr. Hanns Bölefahr, Bonn

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