Die Zustände treffend geschildert

Zum Interview mit Miguel Abrantes Ostrowski, Schauspieler und Missbrauchsopfer als Schüler im Aloisius-Kolleg, erschienen am 20./21. September

 Miguel Abrantes Ostrowski hat aufgeschrieben, was er am Jesuiten-Kolleg erlebte.

Miguel Abrantes Ostrowski hat aufgeschrieben, was er am Jesuiten-Kolleg erlebte.

Foto: Privat

Danke für dieses interessante Interview. Herr Abrantes sagt: "So ziemlich jeder meiner damaligen Schulfreunde brach den Kontakt zu mir ab. Jeder war besorgt, dass ich ihnen ihre so wertvolle und beneidenswerte jesuitische Vergangenheit zerstören würde, die ja schließlich die Eintrittskarte zu einem erfolgreichen Leben ist."

Fast identische Erfahrungen machten Opfer eines ähnlich prominenten Tatortes wie es das Ako ist. Nämlich solche, die die sexuelle Ausbeutung an der Odenwaldschule öffentlich gemacht haben. Offiziell zwar ein Gefüge mit einer ganz anderen gesellschaftlichen Gesinnung als das konservative Aloisius-Kolleg, aber was den Missbrauchskontext angeht mit mehr Parallelen als Unterschieden.

Auch am OSO wurden über Jahrzehnte systematisch Schüler sexuell ausgebeutet. Auch dort profitierte ein ganzes Netzwerk von diesen Verbrechen an Kindern und Jugendlichen. Zwar nicht immer direkt, aber über Umwege. Missbraucher pflegen ihre Tatorte. Sie engagieren sich sehr. Manipulativ, wie sie meistens sind, erkennen sie die Schwächen, Bedürfnisse und Eitelkeiten ihrer Bündnispartner sehr schnell. Und nutzen dieses Wissen für ihre Zwecke aus. Eine besonders ordinäre Form der Symbiose zwischen Täterinnen und Tätern und den Mitwissern und Verantwortungsträgern entsteht.

Deshalb wird keiner der institutionell Verantwortlichen das tun, was Miguel Abrantes genauso wie die meisten Menschen mit einem normalen ethischen Empfinden täten vorschlägt: "Als Jesuitenprovinzial hätte ich sämtliche Täter und Mitwisser hochkant aus dem Orden geschmissen. Aber ich weiß, dass so etwas bei den Jesuiten nicht möglich ist." Nur Heilige wickeln sich selbst ab. Alle Opfer, die 2010 und schon davor mutig an die Öffentlichkeit gegangen sind, haben Enormes geleistet. Was weit darüber hinaus geht, "nur" auf die Verbreitung von Kindesmissbrauch aufmerksam gemacht zu haben. Durch diese erwachsenen Betroffenen wurden ganz wichtige Schwachpunkte in unserer Gesellschaft offenbar.

Umso wichtiger, dass Medien wie Ihres dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit davon auch erfährt. Nur so können die notwendigen Veränderungen in Gang gesetzt werden.

Angelika Oetken, Berlin-Köpenick

Der Beitrag von Miguel Abrantes Ostrowski schildert treffend die Zustände des Missbrauchs durch Patres am Aloisius-Kolleg Bonn Bad Godesberg. Ich war in den ersten drei Schuljahren - wie viele andere - ebenfalls Opfer eines Paters, der zudem für die Neuaufnahme von Schülern zuständig war und reichlich Nachschub durch die Aufnahmeprüfung hatte, was mir als Kind wenigstens zeitweise Erleichterung verschaffte.

In den 1860er Jahren schon forderte der berühmte Arzt und Naturwissenschaftler Rudolf Virchow im preußischen Landtag die Aufhebung der katholischen Klosterschulen als allein wirksame Lösung, Kinder vor diesem Missbrauch zu schützen. Ich schließe mich dieser Auffassung an: Zölibatäre Geistliche müssen aus den Einrichtungen für Kindererziehung, so auch aus dem AloisiusKolleg, grundsätzlich heraus.

Prof. Dr. Gernot Lucas, Köln

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