Die Freundin als First Lady?

Zum Leitartikel "Der Fall Christian Wulff - Nur Verlierer" von Andreas Tyrock, erschienen am 28. Februar

 Joachim Gauck und Daniela Schadt (M.) mit Aung San Suu Kyi.

Joachim Gauck und Daniela Schadt (M.) mit Aung San Suu Kyi.

Alles, was Herr Tyrock zum Fall Christian Wulff schreibt, ist nachvollziehbar, sogar verständlich - bis auf einige Ungereimtheiten, die ich versuche, aus meiner Sicht darzustellen. Erstens: War es unabdingbar erforderlich, dass der Chefredakteur der Bild-Zeitung Herrn Wulff während eines Staatsbesuchs im Ausland auf dem Mobiltelefon anrief und mitteilte, dass er in der nächsten Ausgabe eines seiner "Vergehen" öffentlich machen müsste, um die Bürger zeitnah zu informieren? Diese Information der Bevölkerung duldete nicht drei oder vier Tage Aufschub, um gegebenenfalls vorher ein Gespräch zu führen?

Zweitens: Herr Tyrock schreibt im zweiten Absatz "sein Verhalten muss vorbildlich sein. Er stellt eine moralische Instanz dar. Deshalb gilt für ihn im Besonderen" und so weiter. In diesem Zusammenhang muss ich die Frage stellen, was ist eigentlich mit dem derzeitigen Bundespräsidenten? Er ist verheiratet (nicht geschieden) und lebt mit seiner Freundin zusammen. Seine Freundin lässt sich im In- und Ausland als First Lady feiern, und die meisten Deutschen machen dieses vorbildliche Verhalten ihres Bundespräsidenten mit. Dieser Bundespräsident ist also ein Vorbild für alle? Nicht für mich!

Drittens: In diesem Zusammenhang muss die Frage gestellt werden, wer bezahlt eigentlich die First-Class-Reisen der Freundin des Herrn Gauck? Bisher wurde immer nur über die Geschäftsreisen der Mitglieder von Aufsichtsräten oder der Geschäftsführung von Unternehmen oder insbesondere Versicherungsgesellschaften berichtet, die nicht ihre Ehefrauen, sondern ihre Freundinnen mitreisen ließen.

Bin ich eigentlich der einzige, der die Frage stellt, ob es in Ordnung ist, dass aus Steuergeldern Reisekosten übernommen werden, nur weil es sich um die Freundin eines SPD-Mitglieds (?) oder zumindest eines von der SPD favorisierten Bundespräsidenten handelt? Wenn das alles so in Ordnung ist, dürfen wir uns nicht über die Auswüchse auf allen Ebenen - auch der Bundesregierung - wundern. Mich würde freuen, wenn mir jemand sagen könnte, ob Herr Gauck die nicht geringen Kosten für seine Freundin aus eigener Geldbörse zahlt.

Wilhelm Kneutgen, Siegburg

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