Der Papst legt den Finger auf eine offene Wunde

Leserbrief zum Kommentar "Pontifex Polemicus" von Julius Müller-Meiningen zum Papst und zur Kindererziehung sowie zum Bericht "Zwei oder drei Klapse auf den Hintern schaden nicht", erschienen am 30. Mai

 In einem Interview verteidigte Papst Franziskus erneut seine Haltung zur Kinderzüchtigung. FOTO: DPA

In einem Interview verteidigte Papst Franziskus erneut seine Haltung zur Kinderzüchtigung. FOTO: DPA

Foto: ANSA / OSSERVATORE ROMANIO PRESS

Die Überschrift des Kommentars "Pontifex Polemicus" von Müller-Meiningen mag witzig sein, zutreffend ist sie nicht. Der Papst polemisiert nicht, sondern deckt für uns in der Bundesrepublik unangenehme Fakten auf.

Ich halte Schläge jedweder Art nicht für ein taugliches Erziehungsmittel. Trotzdem kann ich der Kritik des Kommentars an Papst Franziskus nicht zustimmen, weil sie sachlich unausge-wogen und polemisch ist. Einerseits wird die Aussage des Papstes über "zwei oder drei Klapse auf den Hintern" ohne Rücksicht auf den Kontext der Aussage absolut hoch gehängt, andererseits wird sein Hinweis auf die Abtreibung von Kindern als unangebrachte Polemik heruntergeputzt.

Ich finde es schade, dass der Kommentar die zentrale Aussage des Papstes nicht richtig zu erfassen und zu würdigen weiß. Zentral geht es dem Papst um die "Widersprüche unserer Zeit". Und die sieht er bei dieser Frage darin gegeben, dass gerade die Länder mit dem höchsten Kinderschutz Gesetze haben, die es erlauben, Kinder vor ihrer Geburt zu töten.

Für den Papst ist die Liebe der Eltern zu ihren Kindern das Entscheidende; denn diese Liebe wird stets die Würde der Kinder bewahren - auch wenn mal die Hand zum Po ausrutscht.

Nach Artikel 1 unseres Grundgesetzes ist die Würde des Menschen unantastbar. Aufgrund dieses Artikels bestimmt unser Strafrecht, dass eine Abtreibung rechtswidrig ist. Trotzdem lässt unser Strafrecht unter bestimmten Voraussetzungen dieses Rechtswidrige straffrei zu, weil man sich so in diesem privatesten Feld weniger Abtreibungen erhofft. Der Papst legt hier den Finger auf eine Wunde unserer Gesellschaft: Wir gestatten es einer Mutter, ihr ungeborenes Kind töten zu lassen, aber nicht, dem geborenen ein paar Klapse auf den Hintern zu geben. Ich meine, der Papst ist kein Pontifex Polemicus, sondern ein Pontifex Realicus. Genau das führt den Kommentator zu seiner Polemik gegen den Papst. Für ihn und weite Teile unserer Gesellschaft ist Abtreibung ein Tabuthema, an das man nicht rühren darf.

Peter Wißkirchen, Swisttal

In der Tat, der Papst ist katholisch. Er spricht frei und offen über viele Themen und erstaunlich wenig über sexuelle Themen. Ich weise die Polemik des Kommentators entschieden zurück, denn der Papst vertritt die Lehre seiner Kirche, wonach das Leben in der Tat zwischen Empfängnis und natürlichem Ende des Lebens schützenswert ist.

Es ist unzulässig, kein Leben gegen Leben mit einigen Klapsen aufzurechnen, aber mir würde es reichen, wenn dieser Papst die unerträgliche Kopplung zwischen Empfängnisverhütung und Abtreibung aufgeben würde (Ich habe drei Kinder, vier Enkel).

Monika Ludwig, Bonn

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