Der Businessplan zum Festspielhaus enthält Risiken

Zum Artikel "Risiken im Businessplan" vom 13. Juni und zur Beteiligung des Rhein-Sieg-Kreises an den Betriebskosten des Festspielhauses

 6700 Quadratmeter will die Stadt zwischen Beethovenhalle (auf dem Foto links), dem Studentenwohnheim auf der Uferseite (eingerüstet) und den Wohngebäuden zur Verfügung stellen. FOTO: GA-ARCHIV

6700 Quadratmeter will die Stadt zwischen Beethovenhalle (auf dem Foto links), dem Studentenwohnheim auf der Uferseite (eingerüstet) und den Wohngebäuden zur Verfügung stellen. FOTO: GA-ARCHIV

Foto: Volker Lannert

Die Stadt Bonn hat ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, um den parteiischen Businessplan der Deutschen Post AG zu überprüfen. Das Ergebnis zeigt auf, das bei Realisierung des Festspielhauses und Betrieb dieses Hauses ein jährliches Defizit von mindestens zwei Millionen Euro pro Jahr zu erwarten sein wird. Für 2030 wird sogar ein Defizit von 5,5 Millionen Euro erwartet. Dieses Ergebnis müsste eigentlich dazu führen, dass sich Stadtrat und Stadtverwaltung nun endgültig von dem gesamten Projekt verabschieden.

Aber mitnichten, die Fraktionsvorsitzenden von CDU und FDP scheren sich überhaupt nicht darum, sondern beharren weiterhin auf dem voraussehbar defizitär zu betreibenden Projekt Festspielhaus. Sollte der Stadtrat seine Zustimmung zur Beteiligung an der Betreiberstiftung geben, wäre damit auch die Zustimmung zur Bereitstellung und Herrichtung des Grundstücks für das Festspielhaus verbunden. Die entsprechenden Baumaßnahmen und die Kosten von mindestens 4,4 Millionen Euro wären dann freigegeben.

Dabei ist zur Zeit und auch in absehbarer Zeit nicht ersichtlich, wie die Finanzierung des Festspielhauses überhaupt erreicht werden kann. Die Stadt Bonn will aber in Vorleistung treten und die Freimachung und Herrichtung des Grundstücks in Auftrag geben und die damit verbundenen Kosten ausgeben.

Man kann nur hoffen, dass die Deutsche Post AG endlich einsieht, dass sie auf ein totes Pferd gesetzt hat und ihre Beteiligung an dem Projekt Festspielhaus zurückzieht. Damit würde das Projekt beendet und großer Schaden von der Stadt Bonn und seinen Bürgern ferngehalten.

Rudolf Zernack, Bonn

Die Katze ist aus dem Sack: Der Businessplan zum Festspielhaus enthält Risiken. Das ist, seien wir ehrlich, keine Überraschung, denn erstens muss ein Businessplan Risiken enthalten - das risikofreie Business ist noch nicht erfunden worden - und zweitens wurden schon kurz nach Veröffentlichung verschiedene problematische Annahmen im Plan diskutiert.

Was fangen wir nun also an mit der genannten Höhe von zwei Millionen Euro? Bei einem 70-Millionen-Euro-Projekt ist das zunächst einmal eine Größenordnung, mit der man grundsätzlich leben könnte. Allerdings ist es bei einem Projekt dieser Größe und zeitlichen Ausdehnung sicher, dass es am Ende teurer wird, mithin auch die Risiken steigen. Dass dann, wenn das Geld der Investoren nicht mehr reicht, nach öffentlichen Mitteln gerufen wird, ist ebenfalls sicher. Die Stadt Bonn wird es sich kaum erlauben können, ein zu drei Viertel fertig gebautes Festspielhaus verfallen zu lassen. Die jetzige Risikoeinschätzung ist also für die Stadt vage.

Werner Hümmrich bringt es auf den Punkt: "Es sind alles Schätzungen." Ob und in welchem Umfang eine bislang noch nicht einmal existente Betreibergesellschaft mit derzeit noch unsicherer Finanzlage diese Risiken stemmen kann, werden wir kurzfristig nicht erfahren.

Wenn der Rat der Stadt jetzt entscheidet, das Festspielhaus mit einer vier Millionen Euro großen Investition auf den Weg zu bringen, erklärt man damit automatisch die Bereitschaft, am Ende auch das Risiko für das Projekt zu übernehmen, wenn dieses aus dem Ruder läuft. Schwierig.

Eines wird aus den veröffentlichten Zahlen aber deutlich: Bei in der Summe 180 000 Zuschauern im Jahr und einem durchschnittlichen Eintrittspreis von 56 Euro ist das Festspielhaus ein Projekt für eine finanzielle Elite, nicht für die breite Masse. Das sollten die Befürworter ehrlicherweise eingestehen, wollen sie glaubwürdig bleiben.

Mit einer Mär sollten wir zudem aufräumen: Der Druck auf die Entscheidungsträger wird mit Blick auf 2020 gemacht. Liebe Bonner, auch wenn ich mich unbeliebt mache, 2020 werden kaum mehr Leute nach Bonn blicken als jetzt. Beethoven wird vielmehr mit seiner Schaffensstadt Wien verbunden, denn mit seiner Geburtsstadt Bonn. Ob wir in fünf Jahren hier also ein Festspielhaus haben oder nicht, wird kaum jemandem auffallen und schon gar nicht wird Bonns Ruf darunter leiden.

Reiner Knudsen, Bonn

Die wesentlichen Punkte zur Einsortierung der Ergebnisse des Gutachtens werden am Ende des Artikels aufgezeigt. Oft schon wurden in der Vergangenheit die Ambition im Renditeziel für das Kapital der Betreiberstiftung und eine eventuell steigende Bausumme diskutiert.

Noch wichtiger erscheint mir aber der Hinweis auf Kannibalisierungseffekte. Das Potenzial von 180 000 Besuchern pro Jahr wird von den Prüfern "nicht ausgeschlossen". Positive Unterstützung klingt anders. Diese Zahl basiert darauf, dass sämtliche bisherigen Konzertbesucher in Bonn in Zukunft in das neue Festspielhaus gehen und zudem deren Zahl erheblich gesteigert wird.

Bleibt die Frage, was mit den Bühnen passiert, denen im Umkehrschluss diese Besucher fehlen. Ich möchte nicht auf den Artikel zum Thema "Kein Geld für Fachpersonal" zum leidigen Thema Bonner Bäderpolitik eingehen, den der GA eine Seite weiter platziert hat. Es geht nicht nur um die Diskussion Kultur gegen Sport, sondern Kultur gegen Kultur. Wenn die Fördergelder für kleine Bühnen in Bonn quasi auf Null gekürzt werden und engagierte junge Künstler nicht mehr in der Lage sind, ein modernes Kulturangebot zu produzieren, verkommt Bonn zu einer eindimensionalen Beethoven Monokultur, die eine immer kleiner werdende elitäre Zielgruppe mit immer weiter auswuchernden Subventionen bedient.

Werner Gehrke, Bonn

Der GA berichtete, dass der Rhein-Sieg-Kreis beschlossen hat, sich mit drei Millionen Euro an der Betriebsstiftung für das geplante Festspielhaus zu beteiligen. Ohne das Für und Wider einer solchen Entscheidung zu werten, wirft dieser Beschluss vor folgendem Hintergrund jedoch Fragen auf: Seit Jahren haben der Verein der Opernfreunde Bonn, dessen Mitglieder ebenso wie die Besucher des Theaters zu mehr als einem Drittel ihren Wohnsitz im Rhein-Sieg-Kreis haben, und andere den Kreis gebeten, sich an den Kosten für das Theater in Bonn in irgendeiner Weise zu beteiligen. Dies wurde stets abgelehnt, auch mit dem Hinweis, das könne man den Bürgermeistern der Gemeinden nicht zumuten. Nun ist auf einmal für ein noch zu errichtendes Konzerthaus erstaunlicherweise Geld vorhanden.

Das wirft die Frage auf, warum hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Ist das Theater, das von einem Teil der Bewohner des Rhein-Sieg-Kreises regelmäßig besucht wird, weniger wert als ein Konzerthaus, in dem nach den Vorstellungen der Planer überwiegend auswärtige Gäste zum Besucherkreis zählen sollen?

Ferdinand Kösters, Niederkassel, Vorsitzender der Opernfreunde Bonn

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