Demokratie geht über das Wahlrecht hinaus

Zum Artikel "Nichtwähler, die unsichtbare Macht" vom 29. September

 Bundestagswahl: Ein Stimmzettel landet in der Urne.

Bundestagswahl: Ein Stimmzettel landet in der Urne.

Foto: dpa

Norbert Wallet macht es sich beim Thema "Nichtwähler" zu einfach. Zum einen besteht Demokratie nicht allein aus dem Recht, wählen zu dürfen. Man muss ja auch fragen, wen man da wählt. Und wenn man die Wahl zwischen Pest und Cholera hat, dann geht man eben nicht zur Wahl. Und was passiert nach der Wahl? Man hat den Gewählten einen "Persilschein" für vier beziehungsweise fünf Jahre ausgestellt, in denen sie machen können, was sie wollen, und wir Bürger haben absolut keine Möglichkeit, da irgendwie einzugreifen. Soll das Demokratie sein? Da lobe ich mir doch das Schweizer Modell!

Wenn Herr Wallet appelliert, sich als Bürger in die Politik einzumischen und vielleicht in den Parteien mitzumachen, sollte er das doch mal selbst versuchen. Die Parteien sehen neue Mitglieder immer gerne, als Beitragszahler und als billige Arbeitskräfte beim Plakate kleben und Broschüren verteilen. Aber bitte nicht einmischen! Da kann man nicht mit einer "Hoppla, jetzt komm' ich" und "Jetzt machen wir mal alles anders"-Mentalität antreten. Denn man muss schon ziemlich dicke Bretter bohren, und es gibt jede Menge "Platzhirsche", die argwöhnisch darauf achten, nicht verdrängt zu werden.

Herr Wallet weiß schon sehr genau, warum er Journalist und nicht Politiker geworden ist. Denn mit kritischen Beiträgen kann er womöglich - und zwar ohne Verantwortung! - in der Öffentlichkeit viel mehr bewirken, als im Parteienbetrieb verschlissen zu werden.

Heinrich Dittmar, Sankt Augustin

Die Parteien sehen die Schuld für die sinkende Wahlbeteiligung bei den gleichgültigen Wählern. Vorschläge zu längeren Wahldauern und vielen abgesetzten Wahlurnen sind unnötig. Durch die Briefwahl haben wir bereits lange Wahldauern. Die nächste Wahlurne ist der nächste Briefkasten. Das Problem sind die Parteien, nicht die Wähler! Hier zwei Vorschläge zur Besserung: Erstens: Mehr direkte Politikbeteiligung durch Volksbefragungen zu allen wichtigen Politikentscheidungen. Dann würden sich mehr Wähler während der gesamten Legislaturperiode für Politik interessieren.

Zweitens: Wahlen mit unter 50 Prozent Wahlbeteiligung sollten ungültig sein und wiederholt werden. Die beteiligten Parteien sollten zur Wiederholungswahl die Hälfte ihrer Kandidaten austauschen müssen. Wird eine zweite Wiederholung der Wahl notwendig, sind auch die verbliebenen Kandidaten der Erstwahl auszutauschen. Bei angedrohter Wahlwiederholung würden sich die Parteien intensiver um hohe Wahlbeteiligung durch ehrliche Themenbehandlung, kompetentere Kandidaten und aktive Beteiligung der Wähler bemühen.

Helgi Seiffert, Königswinter

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