Das "Recht auf Selbsttötung" in der Diskussion

Zum Thema "Sterbehilfe" und zu den dazu veröffentlichten Leserbriefen

 Das Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital und ein Glas Wasser in einem Zimmer des Sterbehilfe-Vereins Dignitas in Zürich.

Das Betäubungsmittel Natrium-Pentobarbital und ein Glas Wasser in einem Zimmer des Sterbehilfe-Vereins Dignitas in Zürich.

Foto: dpa

Der Artikel "Wenn ein Giftcocktail die Erlösung bringen soll" und die dadurch angestoßene Debatte über das Thema "Sterbehilfe" zeigen einmal mehr die Notwendigkeit der Gesellschaft zu einem klaren Bekenntnis für das Leben und zur Ermutigung, dass jeder Tag eines Menschen auf der Welt eine Bereicherung für ihn und seine Mitmenschen darstellt. Die Ermutigung eines jeden Menschen, seine Bedeutung zu erkennen, beginnt mit dem Leben eines Menschen, setzt sich fort in der Familie, Erziehung, Bildung, Liebe, Freundschaft und Beruf. Daraus ergibt sich das Glücksgefühl, aktiver Bestandteil eines Ganzen zu sein: unserer Gesellschaft, aller Menschen. Unser Staatswesen und unsere Verfassung bauen darauf auf.

Kürzlich starb ein guter Freund nach langer zehrender Krankheit. Keinen Tag ließ er verstreichen, um sich mit seinen Gedanken, Idealen und den Erfahrungen seiner reifen Persönlichkeit in den aktuellen Zeitfragen und Problemen des Alltags einzubringen. Diese positive Haltung zum Leben aus Verbundenheit zu seinen Mitmenschen ist unsere Natur und nicht die Zuwendung zur Aussichtslosigkeit des Seins, denn unser aller Leben ist begrenzt - bei jedem unterschiedlich.

Diese Bedeutung für sich und seine Mitmenschen jeden Tag auszuschöpfen, ist unsere Aufgabe. Diese aktive Haltung meines verstorbenen Freundes hat mich zutiefst berührt und mit ihm verbunden. Die sogenannte "Erlösung durch aktive Sterbehilfe" ist eine Abkehr von dieser positiven Haltung zum Leben. Aktive Sterbehilfe ist daher keine Geste der Mitmenschlichkeit, sondern spricht dem Betroffenen jegliche Bedeutung für sich und seine Mitmenschen ab.

Sie ist damit eine fundamentale Verleugnung der menschlichen Natur. Unser Grundgesetz baut aber zu Recht auf dieser positiven sozialen Natur des Menschen auf. Es ist Zeit, sich darauf zu besinnen und sich den Versuchen, mit Mitmenschlichkeit zu argumentieren und genau das Gegenteil zu tun, zu verwahren. Daher Nein zu Euthanasie und Verleugnung der mitmenschlichen Natur.

Christian Ottens, Alfter

Bei der Berichterstattung im GA in Richtung Sterbehilfe-Verbot stützt man sich fast ausschließlich auf den katholischen Prälaten Karl Jüsten und den CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Brand, der immerhin Vorsitzender des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist. Die sehr unterschiedlichen Meinungen zu diesem Thema in der Öffentlichkeit und quer durch die Fraktionen kommen dabei zu kurz. Wie kommen diese "christlichen" Männer dazu, Menschen, die unerträglich leiden und sterben wollen, jede Hilfe per Strafgesetz zu verbieten? Nach dem Grundgesetz ist die Würde des Menschen unantastbar. Das Selbstbestimmungsrecht auf einen würdigen Tod wird aber von diesen CDU-Abgeordneten und Kirchenvertretern nicht geachtet und geschützt.

Inhuman und unverantwortlich ist man anscheinend der Meinung: Soll er sich doch vor den Zug werfen, aufhängen, vergiften und sich dabei vielleicht von Angehörigen oder mutigen Ärzten helfen lassen. Der Staat, der Bundestag, die Bundesärztekammer und die Kirchen sollten sich mit Verboten und Strafandrohungen aus diesen privatesten Anliegen heraushalten. Die hilfsbedürftigen Lebensmüden und Leidenden sollten legale Hilfe auch von deutschen Organisationen und Ärzten bei der Selbsttötung erhalten dürfen. Die große Mehrheit der Bevölkerung will dies und ist damit menschlicher eingestellt als die laut tönenden, überheblichen "Christen" und Ärztefunktionäre.

Otfried Klein, Bonn

Zu den Artikeln "Ruf nach Sterbehilfe-Verbot lauter", "Im Zweifel für das Leben", "Wenn ein Giftcocktail die Erlösung bringen soll", "Das tödliche Gift ist ein tödlicher Irrtum": Diese so formulierten Überschriften zeigen, dass es nicht um ehrliche Auseinandersetzung und Aufklärung in der Sache geht. Ausgerechnet ein Prälat erklärt der Zeitung, "dass organisierte Hilfen zur Selbsttötung gerade jene gefährden, die des besonderen Schutzes bedürfen".

Weiter führt er aus, "dass sich gerade jene in einer extrem belastenden Lebenssituation innerlich und äußerlich unter Druck gesetzt sehen würden, von der bestehenden Option Gebrauch zu machen". Hier wird schlichtweg andersdenkenden, mündigen Menschen eine eigene Meinung abgesprochen und sie werden als bemitleidenswerte belastete Geschöpfe hingestellt und in meinen Augen diskriminiert. Jedem Menschen sollte das Recht auf selbstbestimmtes Sterben zugestanden werden und Hilfe beim Sterben selbstverständlich sein.

Ursula Perder, Bergisch Gladbach

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