Das Image der FDP führte zum Desaster

Zum Essay "Niemand kennt den Weg zurück" von Norbert Wallet, erschienen am 6./7. September, in dem er sich mit der Existenzkrise der Liberalen befasst

 Ein Plakat der sächsischen FDP mit der Abbildung des Landesvorsitzenden Holger Zastrow wird in Dresden zum Abtransport auf einen Transporter geladen. Die FDP verpasste bei der Landtagswahl den Wiedereinzug ins Parlament.

Ein Plakat der sächsischen FDP mit der Abbildung des Landesvorsitzenden Holger Zastrow wird in Dresden zum Abtransport auf einen Transporter geladen. Die FDP verpasste bei der Landtagswahl den Wiedereinzug ins Parlament.

Foto: dpa

Liberal ist nicht mit Liberalismus gleichzusetzen, schon gar nicht mit dem Wirtschaftsliberalismus à la USA. Die Wurzel liberaler Ideen in Deutschland ist der studentische Widerstand gegen den bevormundenden Obrigkeitsstaat im 19. Jahrhundert.

Eigentlich müssten wir Deutsche - die braune Diktatur noch im Gedächtnis - die Freiheit besonders schätzen und schützen. Seltsamerweise sprechen auf Spezialthemen fixierte Parteien wie die AfD oder die Christlich Demokratische Union (CDU) die Menschen weitaus mehr an als liberale Ideen.

Die schleichenden Einschränkungen, wie das Ausspähen von E-Mails und Telefongesprächen oder die massive Steuerlast, wird ohne großen Protest hingenommen. Wenig sorgsamer Umgang mit Steuergeldern beziehungsweise den finanziellen Ressourcen der Bürger (WCCB, Energiewende) und dass naturgemäß in jeden großen Topf mehr eingezahlt werden muss als für den Einzelnen wieder herauskommt, sollte nachdenklich machen, ob nicht jedem wieder mehr finanzielle Gestaltungsfreiheit eingeräumt werden sollte.

Ja, es stimmt, was Norbert Wallet sagt, die Deutschen lieben kollektive Lösungen, die ihnen Geborgenheit geben. Kein Kaiser mehr, sondern Vater Staat. Nicht selbst entscheiden, was mit wohlverdientem Geld passiert, lieber andere entscheiden lassen. Das kann ins Auge gehen, nicht nur bei den Renten.

Das Image der FDP als reine Wirtschafts- oder auch Spaßpartei führte sie ins Desaster. Die FDP muss wieder zurück zu ihren Wurzeln, nämlich als Anwalt des Individuums das Sandkorn im Getriebe des immer mehr regelnden und kassierenden Staates zu sein, der Banken und Großunternehmen zunehmend aus dem Blick verliert.

Auch die Staatsschulden sind ihr Thema, denn wer zahlt diese am Ende? Das ist der Weg der Liberalen zurück in den Fokus des politischen Tagesgeschäfts.

Andreas Rutschke, Sankt Augustin-Hangelar

Die Ursache für die Krise der Liberalen liegt in den eigenen Reihen, sie sind liberal-populistischer und personalpolitischer Natur. Hauptgrund ist die Politik der Sozialstaatsdemontage der FDP mit Guido Westerwelle, Philipp Rösler, Daniel Bahr und Christian Lindner, dazu gehört die Liberalisierung in der Tarifpolitik zu Gunsten der Arbeitgeberseite.

Des weiteren bedeutete die Hartz IV-Regelung den Eintritt in die Armut für viele Familien. Diese Regelung, von der FDP als Meisterstück bezeichnet, erbrachte das Ergebnis, dass schon sozial schwache Bürger zum Freiwild im Niedriglohnsektor wurden. Die Verschlechterungen in der Gesundheitspolitik bewirkten eine erhebliche Erhöhung der Gesundheitskosten für eine Vielzahl von gesetzlich versicherten Mitbürgern.

Die Rentenpolitik der FDP ergab, dass viele ältere Mitbürger, die sich für diesen Staat oft krank gearbeitet haben, noch nicht einmal eine verdiente Grundsicherung erreichen.

Der Eintritt in die grenzüberschreitende Globalisierungspolitik hat den Unternehmern die Tore für die Niedriglohnpolitik geöffnet und lässt Menschen von ganz Europa zu Dumping-Löhnen arbeiten. Der Rückzug der staatlichen Verantwortung aus der Sozial-, Gesundheits-, Renten-, Bildungs- und Verkehrspolitik unter der Federführung der FDP hat ihnen selbst das Genick gebrochen und die wenigen interessierten Bürger, die wir noch haben, haben die Ursache für diese Krise erkannt.

Ebenso hat die FDP mit ihrem Auftreten in der Öffentlichkeit ein hohes Maß an Bürgerferne gezeigt. Durch ihre Unternehmerfreundlichkeit hat die Partei nicht gesehen, dass es Millionen von Bürgern gibt, die in den letzten Jahren in die Armut getrieben wurden.

Georg Dovermann, Bonn

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort