Bürger können schon jetzt länger arbeiten

Zum Artikel "Koalition nimmt sich die Rente vor" und Kommentar "Künstlicher Engpass" von Norbert Wallett, erschienen am 3./4. Januar

 Vier Senioren gehen spazieren. Wer sich keine Sorgen um Altersarmut machen muss, kann die Dinge entspannt angehen. Doch nach Ansicht von Ministerin Andrea Nahles muss die Altersversorgung flexibler werden.

Vier Senioren gehen spazieren. Wer sich keine Sorgen um Altersarmut machen muss, kann die Dinge entspannt angehen. Doch nach Ansicht von Ministerin Andrea Nahles muss die Altersversorgung flexibler werden.

Foto: dpa

Alle Jahre wieder erreichen uns Mitteilungen zur "Flexibilisierung" der Rente. Diesmal hören wir von Herrn Laumann (CDU) und Herrn Weise (BArbeit), dass zusätzliche Reize für längeres Arbeiten erforderlich seien.

Wer hindert auch heute schon Arbeitgeber daran, 67-Jährige einzustellen oder Altgediente länger zu beschäftigen? Für Menschen nach Eintritt des Regelalters (65 Jahre plus x Monate) bestehen heute schon zwei Möglichkeiten: Sie können weiter arbeiten und dazu noch ihre Rente beziehen. Die Rente steigt in diesem Fall nicht. Arbeitgeber müssen jedoch nur ihren Arbeitgeberbeitrag weiter zahlen, damit für Arbeitgeber beschäftigte Rentner nicht billiger als junge Mitarbeiter sind.

Die zweite Möglichkeit besteht darin, ab Vollendung der Regelaltersgrenze ohne Rentenbezug weiter zu arbeiten. In diesem Fall werden Entgeltpunkte gutgeschrieben, und zukünftige Rentner erhalten zusätzlich noch eine weitere Gutschrift auf ihren Rentenkonten. Ich sehe daher keinen Handlungsbedarf für den Gesetzgeber.

Arbeitgeber müssen sich wieder daran erinnern, dass ihre Angestellten und Arbeiter keine Maschinen, sondern Menschen sind. Altgediente Fachleute werden wahrscheinlich wieder länger bei "ihrer Firma" bleiben wollen, wenn zum Beispiel ein gutes Arbeitsumfeld und - klima, faire Gehälter und flexiblere Arbeitszeiten vorhanden sind. Die Erfahrung lehrt, eine derartige Diskussion unserer Politiker führt nur dahin, dass Zugangsvoraussetzungen zum Renteneintritt verschärft werden beziehungsweise die Rentenhöhe verringert wird, was auf das Gleiche hinausläuft. Arbeitnehmer und zukünftige Rentner werden so durch mediales Trommelfeuer auf Rentenkürzungen eingestimmt.

Alfons Seyock, Bonn

Warum vereinfacht man nicht die gesamte Rentenberechnung etwa nach der Formel: Monatsbeitrag mal Einzahlungsjahre gleich Monatsrente mal Rentenjahre. Das heißt, jeder bekommt während seiner Rentenzeit den gleichen Betrag zurück, den er während seiner Beitragszeit eingezahlt hat.

Wenn - wie derzeit - Zins und Inflationsrate etwa gleich sind, stimmt diese einfache Rechnung. Die jeweiligen Rentenjahre bei Beginn der Rente werden nach der gültigen Sterbetafel errechnet. Sie sind ein statistischer Mittelwert.

Dann kann sich jeder aussuchen, ob er mit 55 Rentner wird, wenn er für die ihm statistisch noch verbleibenden 30 Jahre mit einer geringen Rente auskommt. Oder er arbeitet bis 75 und bezieht für die ihm dann noch (statistisch) verbleibenden zwölf Jahre eine hohe Rente. Klar ist, dass jemand, der 30 Jahre lang monatlich 500 Euro (inklusive Arbeitgeberanteil) einbezahlt hat, nicht 30 Jahre lang monatlich 1000 Euro erwarten darf.

Dr. Helmuth Herterich, Sankt Augustin

Nicht nur im GA kann man regelmäßig Artikel über den Fachkräftemangel lesen. Aber auch im GA wird auf Zeiträume von 15 Jahren in der Zukunft Bezug genommen, in denen rund 30 Prozent der heutigen Fachkräfte verrentet würden. Diese Entwicklung sei schon heute für Mittelständler ein Problem, weil qualifizierte Mitarbeiter nicht zu finden seien.

Ohne dass ich das Problem bagatellisieren möchte, würde ich mir eine differenziertere Berichterstattung mit einem besseren Informationsgehalt und neuen Denkanstößen wünschen: Welches Unternehmen plant heute mit Zeithorizonten von mehr als zwei bis maximal fünf Jahren? Liegt dort vielleicht ein Teil des Problems?

Welches Unternehmen kann heute (den Mitarbeitern) sagen, dass es in zehn Jahren noch in der derzeitigen Form existieren wird? Wer kann heute sagen, welches der Personalbedarf in 15 Jahren sein wird? Die Entwicklung zeigt doch, dass mehr Arbeit von weniger Menschen erledigt werden kann beziehungsweise muss. Was tun Unternehmen konkret, um Fachkräfte zu entwickeln, anzuziehen und zu binden?

Hier schlicht auf die Zahlen zu verweisen enthält keine neuen Denkanstöße, ist zu einfach und schon mehrfach da gewesen. Bei einer Umsetzung der Idee "Freiwillig bis 70 Jahre im Job" werden 35- bis 40-Jährige (Vorgesetzte) lernen müssen, mit den 55- bis 69 Jährigen (Kollegen) gewinnbringend zu kommunizieren. Letzteres ist womöglich schon heute eine psychologische Hürde für viele, wenn es um die Neueinstellung von Fachkräften im Alter plus/minus 50 geht. Es wäre interessant und informativ zu erfahren, wie sich die Aktivitäten und Überlegungen in den durch den Fachkräftemangel betroffenen mittelständischen Unternehmen zu diesen Themen darstellen.

Lilian Halve, Rheinbach

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