Beziehung zu Jesus Christus fehlt

Zum Artikel "1112 Bonner traten 2013 aus", in dem es um die wachsende Zahl von Katholiken geht, die der Kirche den Rücken kehren, erschienen am 24. Juli

 Eine Frau drückt eine Wartenummer für den Antrag auf den Austritt aus der Kirche beim Amtsgericht Köln.

Eine Frau drückt eine Wartenummer für den Antrag auf den Austritt aus der Kirche beim Amtsgericht Köln.

Foto: dpa

Säuglinge werden getauft und sind später dann automatisch zahlungspflichtige Kirchenmitglieder. In katholischen Kindergärten und Schulen erhalten sie religiöse Begleitung, aber kaum jemand entwickelt tatsächlich so etwas wie eine "Begegnung und Beziehung zu Jesus Christus", wie Stadtdechant Schumacher es in dem Artikel nennt.

Das ist auch nicht überraschend, da heute nur noch wenige alles glauben, was kirchliche Autoritäten erzählen. Seit Jahrzehnten liegt daher der Anteil der Gottesdienstteilnehmer in unseren beiden großen Konfessionen bei etwa zehn Prozent.

Die Existenz vieler anderer Religionen belegt, dass "spirituelle Wahrheit" möglicherweise nicht unbedingt gerade im Christentum zu finden ist.

Die 90 Prozent der desinteressierten Kirchenmitglieder oder Namenschristen stellen ein großes, noch längst nicht erschöpftes Potenzial weiterer Kirchenaustritte dar.

Auch Religionen kommen und gehen. Entsprechende Bedürfnisse werden von anderen spirituellen Richtungen ebenfalls - und nach Meinung ihrer Anhänger besser - befriedigt.

Hermann Philipps, Bonn-Bad Godesberg

Wenn der Bonner Stadtdechant Wilfried Schumacher über die wachsende Zahl von Katholiken klagt, die der Kirche den Rücken kehren, dann sollte er sich sagen lassen: Das päpstliche Sendschreiben Motu Proprio hat mit der Revision der Beschlüsse des II. Vatikanischen Konzils dafür gesorgt, dass Priester dem Kirchenvolk schon längst den Rücken zugekehrt haben.

Die Feier des Eucharistieteils der heiligen Messe am frei stehenden Volksaltar, an der Pfarrer den Gläubigen zugewendet (versus populum) zelebrieren, wurde als "Stehimbiss"-Liturgie" (Gloria von Thurn und Taxis) diffamiert, und die Anhänger des alten Tridentinischen Ritus haben die "erste große Reform im Pontifikat Joseph Ratzingers" (La Repubblica) auf ihren Internetseiten "als Sieg über das II. Vatikanische Konzil gefeiert" (Rainer Kampling, Professor für katholische Theologie).

Zum Rücktritt des Reform-Papstes schreibt übrigens Blick (Zürich) am 28. Februar 2013: "Nach einem kurzen Gruß sagt er buona notte und kehrt seinen Schäfchen den Rücken zu."

So einfach liegen die Dinge! Und mit dieser "Einfachheit" - auch in den Worten, die er spricht -, mit seiner "Demut und Barmherzigkeit" macht es der neue Papst seiner Kirche "natürlich schwer" - "doppelt schwer" sogar, ausgerechnet durch militärisch tönende "Transparenz-Offensiven", mit denen jedenfalls der Stadtdechant "jetzt verloren gegangenes Terrain wieder gutmachen" will, enttäuschten Christen den Entzug menschlicher Zuwendung zu ersetzen.

Ernst-Jörg Neuper, Niederkassel

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