Besser kleine überschaubare Gruppen unterrichten

Zum Artikel "Breite Verunsicherung vor dem Start", erschienen am 11. August

 Sonderpädagogin Sarah Drexelius unterrichtet in der Bielefelder Bonifatius Schule eine Klasse mit elf Schülern. Die Schule ist eine Förderschule, fördert individuell beeinträchtigte Schüler und ermöglicht es ihnen geschützt zu lernen.

Sonderpädagogin Sarah Drexelius unterrichtet in der Bielefelder Bonifatius Schule eine Klasse mit elf Schülern. Die Schule ist eine Förderschule, fördert individuell beeinträchtigte Schüler und ermöglicht es ihnen geschützt zu lernen.

Foto: dpa

Ministerin Löhrmann und die Befürworter der sogenannten Inklusion wollen uns vermitteln, dass hier Gutes gemeint und gewollt sei, wo alle jungen Menschen gemeinsam lernen, wo Behinderte und Nichtbehinderte in einem Klassenraum sitzen. Dabei bleibt die konkrete Art der Behinderung unausgesprochen: körperliche oder geistige Behinderung, vielleicht eine Kombination von beiden, oder Verhaltensstörung.

In dem Zusammenhang scheint mir augenfällig, dass in fast allen befürwortenden Beiträgen zum Thema Inklusion auf die Frage nach der psychischen Situation und dem Betroffensein der (aller) Kinder Antworten ausbleiben, an deren Stelle Wunschvorstellungen formuliert werden.

So erlebt das behinderte Kind täglich den Unterschied zu der großen Gruppe der Nichtbehinderten, deren schulisches Niveau oder deren Fertigkeiten es trotz aller Mühen und besonderer Förderung nicht erreicht. Die eigene Unzulänglichkeit wird ständig erfahren, daran ändert auch mögliches Mitleid der übrigen Klassengemeinschaft nur wenig.

Schlusslicht zu sein ist der kindlichen Psyche sicher nicht besonders zuträglich. Und schließlich möchte ich den Blick noch auf jene Kinder richten, die als verhaltensgestört und schwer erziehbar in eine Normalklasse aufgenommen werden.

Der allgemeine Unterrichtsbetrieb kann schon von einem Schüler mit dieser Störung massiv beeinträchtigt und entwertet werden. Wer aber fragt nach der Psyche der nichtbehinderten Schüler, die ständig abgelenkt werden und deren Unterricht oft unterbrochen wird, deren Konzentration, Kraft und Ausdauer nachhaltig geschwächt und deren Lernerfolg gefährdet werden. Ich plädiere für kleine überschaubare Lerngruppen und für individuelle persönlichkeitsgerechte Förderung und Zuwendung.

Josef Effern, Königswinter

Inklusion auf die UN-Konvention zu stützen, ist Heuchelei. Die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen von 2006 verbietet den Vertragsstaaten jede Diskriminierung auf Grund einer Behinderung und verpflichtet sie, behinderten Menschen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung zu garantieren.

Die Konvention gilt weltweit und richtet sich vornehmlich an die Länder, die ihre Behinderten verstecken und ihnen jede Bildung vorenthalten. Sie beschäftigt sich nicht mit den speziellen Schulwesen der einzelnen Länder und verlangt nicht die Inklusion, also die gemeinsame Beschulung von behinderten und nicht-behinderten Kindern und Jugendlichen.

Ausdrücklich legt die UN-Konvention fest: Keine Diskriminierung sind Maßnahmen, die Staaten zur Förderung ihrer Behinderten treffen. Damit wird das deutsche Schulwesen von der UN-Konvention überhaupt nicht erfasst. Denn in Deutschland werden alle behinderten Kinder beschult, sie sind auch schulpflichtig! Die Art und Schwere der Behinderung wird in einem besonderen Verfahren ermittelt.

Es gibt verschiedenartige Behinderungen und insgesamt sieben verschiedene Förderschwerpunkte. Neben Lernen, Sprache sowie emotionaler und sozialer Entwicklung sind es noch körperliche und motorische Entwicklung, Sehen, Hören und Kommunikation und geistige Entwicklung. Seit langem bestehen in Deutschland für jede Behinderungsart nicht nur besondere Förderschulen, sondern auch verschiedene Lehrerausbildungen.

Die UN-Konvention bot einen willkommenen Schutzschild für Gleichheitsideologen, die "Eine Schule für alle" anstreben, die Axt an das gute deutsche Förderschulwesen zu legen. Ihnen gelang es, einen Meinungsdruck für Inklusion zu bewirken. Alle rechtlichen und pädagogischen Gegenargumente wurden und werden einfach ignoriert.

Dr. Gisela Friesecke, Bonn

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