Anerkennung der Existenz Israels eine Lösung?

Zum Artikel "15 Sekunden bis zum Raketeneinschlag" von Ulla Thiede, erschienen am 9. Juli

Wieder ist Krieg. Es sind die Unbelehrbaren auf beiden Seiten, die nicht verstehen wollen. Hamas denkt nur an sich und nicht an das Volk, will Israel ausrotten mit Raketenbeschuss. Der Preis wird wieder und wieder durch neue Opfer gezahlt.

Auf beiden Seiten erreicht die Radikalisierung ungeahnte Höhen - oder soll man besser sagen: Untiefen. Jetzt wurde nach der Ermordung von drei jungen Israelis ein junger Palästinenser brutal hingerichtet. Unterschied: Dort werden die Mörder als Helden gefeiert, hier fasst man die Täter.

Dennoch, solches glaubte man bislang nur der Gegenseite vorbehalten, und es erschütterte Israel. Aber seit 1967 besteht ein Kriegszustand. Das hat längst die Gehirne der Eigenen erreicht, bis es eben zu einer Implosion kommt.

Unsinnig auch, mit der Bibel in der Hand festzustellen, wo Gott vor ein paar tausend Jahren Land zugewiesen hat, welches einem selbstredend auch heute noch gehört. Wer inzwischen dort lebt, wird hinausgeworfen.

Nicht ohne Grund bemerkte der Philosoph Jeshajahu Leibowitz, dass Israel das Land gemäß der Prophezeiung ja erhalten und dann - im Jahre 70 n. Chr. - verloren habe. Von einer zweiten Prophezeiung in unserer Zeit sei ihm nichts bekannt. Dan Schüftan, ehemaliger Berater der israelischen Regierung, wird nicht müde zu erklären, das Beste sei ein Rückzug aus allen besetzten Gebieten unter Aufgabe der Siedlungen. Man passe einfach nicht zusammen. Als Realist sähe er allerdings für diese Option im Moment keine Chance.

Was tun also? Willi Brandt läutete in den 1960er Jahren mit der Anerkennung aller Realitäten das Ende des kalten Krieges ein. Die Feindbilder zerbrachen. Was wäre, wenn die arabische Welt, Hamas, Hisbollah aufhörte, Israel vernichten zu wollen, die Existenz Israels anerkennen würde, das Feindbild also verschwände? Die Ultras in Israel hätten einen schweren Stand und es gäbe endlich eine Chance auf Frieden. Dazu müsste allerdings die ganze Welt mithelfen und Garantien geben, auch Amerika.

Dr. Wolfgang Knüll, Rösrath

Ulla Thiede berichtet aus den israelischen grenznahen Gebieten zum Gazastreifen. Dabei übernimmt sie, was nicht erstaunen kann, ein israelisches Narrativ. Ich habe mich selber auch mehrmals in Grenznähe aufgehalten, mit Menschen in dieser Gegend Freundschaften geschlossen und kenne deren Sorgen und Nöte recht gut. Ich hatte die Absicht, in den Gazastreifen zu reisen, was mir natürlich nicht gelang - der Gazastreifen ist abgeriegelt. Fast niemand kommt hinein, fast niemand kommt hinaus. Die Infrastruktur wird zerstört. In Ulla Thiedes Bericht findet sich eine Beschreibung zur Lage der Menschen in Gaza nicht, auch nicht andeutungsweise. Dabei lassen sich in Sderot und Umgebung noch Stimmen finden, die anders als die mehrheitliche Gesinnung, die der Bericht richtig wiedergibt, Mitgefühl mit den Eingeschlossenen haben: die Gruppe "Other Voices" beispielsweise.

Um dem Bericht eine Sichtweise aus Gaza entgegenzusetzen, zitiere ich aus einem Brief aus Gaza - ein Hilferuf. Die meisten bleiben ungehört. Der Brief wurde am 10. Juli verfasst, nachdem am Vorabend in einem Café, in dem sich Menschen ein Spiel der Fußballweltmeisterschaft ansahen, eine israelische Rakete einschlug und ein Blutbad anrichtete.

Der Brief (Auszüge): "Bringt das den Israelis und uns den Frieden näher?

- Wenn auf Wohngebiete nach Mitternacht Raketen abgefeuert werden und das inmitten der Stadt Khan-Younes, dann sind die schlafenden Kinder die Opfer.

- Wenn auf Moscheen Raketen abgefeuert werden, und das teilweise während des Gebets?

- Wenn auf das europäische Krankenhaus (auch in Khan-Younes) ebenfalls mehrmals Raketen abgefeuert werden?

- Wenn auch auf Rettungswagen Raketen abgefeuert werden?

- Wenn auch Rettungswachen mit Raketen angegriffen werden?

- Wenn Hühnerzucht-Bauernhöfe ebenfalls mit Raketen beschossen wurden?

- Wenn die Wasserversorgungsrohre zum "Beach Camp" in dem Gazastreifen gezielt zerstört wird?"

Dr. Edith Lutz, Kall

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