An Kissinger-Professur festhalten

Zum Artikel "Friedensengel oder Kriegsverbrecher" und den Kommentar "Blamabel" von Ulrich Lüke vom 1. April.

 Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger soll Namensgeber für eine neue Professur an der Uni Bonn werden.

Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger soll Namensgeber für eine neue Professur an der Uni Bonn werden.

Foto: dpa

Das Rumoren linker Kreise gegen die Einrichtung einer temporären "Henry-Kissinger-Professur" an der Universität Bonn zur Erforschung Internationaler Beziehungen und Völkerrechtsordnung unter sicherheitspolitischen Aspekten, verfolge ich seit einiger Zeit mit zunehmendem Befremden. Der Kommentar "Blamabel" Ihres stellvertretenden Chefredakteurs Ulrich Lüke trifft den "Nagel auf den Kopf" - ihm ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

So wie Sie denken sicherlich mehrheitlich die Menschen (nicht nur) in Bonn. Und es wird Zeit, dass die "schweigende Mehrheit" sich zu Wort meldet. Die öffentliche Diskussion darf nicht länger "linken Weltverbesserern und Gutmenschen" überlassen werden, die realitätsfern Geschichtsklitterung und Faktenverdrehung betreiben. Der Argumentation dieser Kritikergruppen, die jeden Respekt vor der Lebensleistung eines Menschen, der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde, und vor den demokratischen Institutionen unseres Staates - Verteidigungs- und Außenministerium, Universität - vermissen lassen, widerspreche ich nachdrücklich.

Ich kann nur hoffen und wünschen, dass die Verantwortlichen der Universität ihren Kurs beibehalten und der Stadt Bonn damit eine weitere Rufschädigung und Peinlichkeit nach WCCB, Festspielhausdebatte und der Umbenennung der Hindenburgstraße erspart bleibt.

Wilfried Paul, Grafschaft

Ich weiß nicht, ob es noch Sinn macht, sich in die Diskussion um die oben genannte Professur einzumischen. Ich tue es doch und möchte daran erinnern, dass der Norweger Johan Galtung 1973 der erste Friedensforscher war, der eine Gastprofessur für Friedens- und Konfliktforschung am Seminar für Politische Wissenschaft an der Universität Bonn innehatte.

Damals stellte die Universität ihm und seiner japanischen Frau in der Kaiserstraße eine Wohnung zur Verfügung, in der nach Galtungs akademischen Verpflichtungen die Diskussion um den Frieden bis spät in die Nächte weitergeführt wurde. Er war ein großer Anreger und unermüdlicher Forscher, auch an seinem Institut in Oslo. Ihm verdankt die Wissenschaft die Begriffe der "strukturellen Gewalt", des "positiven Friedens" und der "kulturellen Gewalt", die Eingang auch in andere Disziplinen gefunden haben. Zwischen 1957 und 2007 hat er in mehr als 100 Konflikten weltweit beratend und vermittelnd gewirkt.

Ein Handbuch mit Fallbeispielen und Konfliktlösungen sind unter anderem das Ergebnis seiner reichen Tätigkeit. Es stünde der Universität und der auf ihre Internationalität bedachten Stadt Bonn gut an, sich dieses 1930 geborenen Forschers und seiner Tätigkeit hier zu erinnern und eine seinem Namen gewidmete Professur zu bedenken.

Dr. Valentine Rothe, Bonn

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