Ärger über Verspätungen, aber auch Verständnis

Zu den Artikeln über Ausfälle im öffentlichen Personennahverkehr und unpünktliche Busse und Bahnen, erschienen am 2. Dezember

Eines von mehreren Fotos, das Leser den den GA geschickt haben: Die Anzeige zeigt, dass wieder eine Bahn "entfällt".

Eines von mehreren Fotos, das Leser den den GA geschickt haben: Die Anzeige zeigt, dass wieder eine Bahn "entfällt".

Als langjähriger Berufspendler aus Bornheim halte ich die Zurückweisung der Fahrgästekritik von SWB-Sprecher Herrn Schui für falsch. Man will dort offenbar immer noch nicht den Auftrag begreifen, dem dieses Unternehmen gerade dann nicht gerecht wird, wenn es darauf ankommt: Bonn lebt vom Berufsverkehr, von den Tausenden Pendlern zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.

Bonn lebt von einer stets gut funktionierenden Anbindung des ICE-Bahnhofes in Siegburg. Wenn schon eine Linie 18, die ja nur das Vorgebirge bedient, morgens schon chronisch verspätet ist, so muss man sich dem irgendwie fügen - vielleicht. Die Defizite der Linie 66 so klein zu reden, geht am Problem vorbei. Die SWB schadet nicht nur ihren Kunden, sondern dem Standort Bonn insgesamt.

Krankes Personal, Jahreszeiten, immer sind es externe Gründe, die sind aber nicht neu, Unternehmen müssen und können darauf reagieren. Und das Personal an den Infoschaltern: hilflos bis barsch, da letztes Glied in der schwachen Kette. Gut, dass sich der GA konstruktiv dieses Themas annimmt.

Axel Goehr, Bornheim

Ich wohne in Schwarzrheindorf und fahre täglich mit der Linie 66. Dass der Pressesprecher die SWB verteidigt, ist sein Job. Dass die Darstellung der SWB aber in so krassem Widerspruch zur tatsächlichen Lage steht, müsste man deutlicher hinterfragen. Die Linie 66 ist in keinster Weise zu 90 Prozent pünktlich. Zu Stoßzeiten sind die Bahnen hoffnungslos überfüllt - und das seit Jahren. Bei der SWB reagiert man aber überhaupt nicht.

Und ob die Bücher der SWB so sorgfältig gepflegt werden, müsste man auch mal von unabhängiger Seite prüfen. Wie der GA bereits schrieb, fallen definitiv Bahnen aus, die laut SWB gefahren sind. Dass diese angeblich "nur" extrem verspätet waren, darf man als Schutzbehauptung abtun. Dass auch noch wir zahlenden Fahrgäste und Kunden Schuld an den Verspätungen sein sollen, finde ich dann schon sehr frech.

Fairerweise muss man sagen, dass hier auch die Stadt viel falsch macht. Sei es am kleinen Friedhof in Beuel, wo Bahn und Autos sich weiterhin eine Spur teilen müssen. Da bringt auch der jahrelange Ausbau des Konrad-Adenauer-Platzes und der Kennedybrücke nichts. Dazu kommt dann noch die Haltestelle Adelheidisstraße, wo regelmäßig die Schienen blockiert sind, weil sich der Verkehr staut.

Wenn mal wirklich ehrlich auf den Tisch käme, wie unpünktlich und unzuverlässig die SWB sind, dann würde vielleicht mal was passieren. Dann müsste sich auch der eine oder andere Politiker eingestehen, dass es wenig durchdacht war, die Kennedybrücke für Millionen zu sanieren und umzubauen, nur damit die Bahnen 500 Meter weiter im Stau stehen.

Patrick Ziebertz, Bonn-Schwarzrheindorf

Der Bericht macht für mich deutlich, dass die Kritiker der SWB mit zwei Dingen hadern: Dem Verständnis, dass ÖPNV ein hochkomplexes, fragiles System ist, und der Einsicht, dass unser Frust durch unsere übersteigerte Erwartungshaltung entsteht.

Wer sich einmal klarmacht, welche Strecke Busse und Bahnen der SWB täglich zurücklegen und versucht, sich vorzustellen, welcher Aufwand dabei vonnöten ist, um die Synchronisierung von Ankünften und Abfahrten möglichst optimal zu gestalten, der muss schon der Planung, vor allem aber dem Grad der Umsetzung Hochachtung zollen. Dabei darf man Bonn als Verkehrsgebiet nicht abtrennen von seinen Vernetzungen in das direkte Umland und nach Köln, Bereiche, in denen die SWB nicht die Verkehrskontrolle haben.

Wenn man jetzt noch mit einrechnet, welchen Umständen Busse und Bahnen unterworfen sind, die weder die SWB noch die Fahrer beeinflussen können (Krankheit von Personal, allgemeiner Verkehr, langsames Aus- und Einsteigen, Türaufhalten für weitere Passagiere), dann sollte klar werden, dass selbst 80 bis 90 Prozent Pünktlichkeit einer Wertschätzung und nicht der Kritik bedürfen. Selbst eine kleine Störung auf einer Linie kann dabei den Verkehr auf anderen durcheinander bringen.

Reiner Knudsen, Bonn

Wenn sich hauptsächlich Kunden mit Kritik melden, dann sollte das ein ganz klarer Indikator dafür sein, dass die Kritik am Angebot der Stadtwerke Bonn überwiegt. Für einen stolzen Preis, den man monatlich bezahlt, kann man mehr erwarten. Wenn der erhöhte Krankenstand von SWB-Sprecher Schui angesprochen wird, der zu kurzfristigen Ausfällen führen kann, dann weist das auf das erste zentrale Problem der SWB Bus und Bahn hin: Personal- und Fahrzeugbestand sind so "auf Kante genäht", dass Ausfälle von Personal oder Fahrzeugen nicht kompensiert werden können. Dann kommt man zum nächsten Problem: Solange 90 Prozent Pünktlichkeit als ein guter Wert eingeschätzt werden, läuft etwas schief.

Ich werde auch sehr genau im Auge behalten, wie vehement Herr Schui die Einrichtung von mehr Busspuren zukünftig unterstützen wird. Es bleibt nur zu hoffen, dass die Verstärkung der Linie 605 keine Eintagsfliege war, speziell die Fahrgäste der Linie 611 in Richtung Heiderhof würden sich über eine solche Verstärkung im Berufsverkehr auch freuen, da zwischen 16:30 und 18:30 Uhr kaum ein Bus der Linie 611 pünktlich ist.

Nächstes Kernproblem, das Herr Schui anspricht: die "Sprache" wird eindeutig unterschätzt. Was nutzt es, wenn man viel Geld in neue Lautsprecheranlagen und Technik investiert, Ansagen dann aber Mangelware bleiben.

Der neue Twitter-Account ist sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung, aber er steckt noch in den Kinderschuhen. Das Problem, dass die technischen Systeme noch getrennt ihre Daten beziehen, sollte schnellstens vom Status "Problem erkannt" in den Status "Problem gebannt" befördert werden.

Michael Dostert, Bonn

Am 1. Dezember wartete ich an der Haltestelle An der Wolfsburg auf die Linie 640. Die sollte planmäßig um 17:08 Uhr kommen, kam aber erst 17:19 Uhr. Die Verspätungen sind kein Einzelfall und manchmal kommt gar kein Bus. Ein häufiges Ärgernis.

Regina Wenzel, Bonn

Ich will eine Lanze für Bus- und Bahnfahrer brechen. Wer sich pauschal über die Unpünktlichkeit bestimmter öffentlicher Verkehrsmittel äußert, darf sich ein wenig mit den Hintergründen beschäftigen. Neulich an der Ollenhauerstraße: Die Schüler des Friedrich-Ebert-Gymnasiums strömen in die Linie 16. Jeder hält die Türe für den nächsten Mitfahrenden auf. Trotz mehrerer Durchsagen des Bahnfahrers stehen die Schüler in der Lichtschranke.

Neulich auf dem Bonner Talweg: Nichts geht mehr. Ich sitze in der Linie 61, um nach Hause zu fahren. Ein Lkw steht zu nahe an den Bahngleisen. Neulich in Vilich-Müldorf: Der Blitz schlägt in die Signalanlage am Bahnübergang der Linie 66. Nicht nur die herbeigeeilte Polizei hat Probleme, den Verkehr zu regeln. Trotz Andreaskreuz und Lichtblitz schaffen es drei Pkw-Fahrer, den hinteren Teil der Bahn zu treffen. Neulich in Pützchen: Eine junge Frau mit drei Kindern eilt abends bei strömendem Regen auf den Bus zu. Der freundliche Busfahrer hält noch einmal jenseits der Haltestelle (was er sicher nicht darf) an und nimmt Mutter und Kinder auf.

Neulich in Siegburg: Am späten Abend randalieren alkoholisierte Jugendliche um die Bahn herum - obwohl der Fahrer über den Außenlautsprecher Einhalt abfordert. Dies sind nur ein paar Beispiele, warum Busse und Bahnen Verspätungen einfahren. Und GA-Redakteur Cem Akalin würde ich gerne empfehlen wollen, seinen Bericht dahingehend zu formulieren, dass gerade Busfahrer aufgrund der Verkehrssituation in unserer Stadt großen Stresssituationen ausgeliefert sind und Ruhepausen dringend benötigen.

Günther Montag, Bonn

Den Kritiken und Vorwürfen gegenüber den Stadtwerke wegen der Verspätungen und vor allem wegen der Bahnausfälle kann auf der Linie 62, in beiden Richtungen, von der rechtsrheinischen Seite in vollem Umfang beigepflichtet werden. Es vergeht mittlerweile keine Stunde mehr, ohne dass nicht Bahnen, und dies auch noch ohne Begründung, völlig ausfallen.

Dies geschieht nicht nur während der Stoßzeiten. Das Traurige ist, dass die Stadtwerke trotz dieser Erfahrungen nicht in der Lage sind, für den Notfall Bahnen in der Hinterhand zu haben, um diese kurzfristig einzusetzen. Unerklärlich sind Ausfälle und auch erhebliche Verspätungen auf der Linie 66, 16 und 63 deswegen, weil diese Bahnen größtenteils in einem straßenmittigen, vom Autoverkehr unabhängigen Gleisbett verkehren und von daher von Staus kaum betroffen sind.

Dies spricht für ein erhebliches Maß an Unflexibilität und Kundenunfreundlichkeit, und die Stadtwerke müssen sich hier den Vorwurf gefallen lassen, dass sie sich längst in die Reihe der Deutschen Bahn eingereiht haben.

Georg Dovermann, Bonn

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