Kommentar Zur Flüchtlingssituation: Kein Konzept in Sicht

Trotz Ferienstimmung treibt das Thema der Flüchtlinge Deutschland um. Es geht eine spontane Welle von Hilfsbereitschaft durchs Land.

Bundesweit solidarisieren sich Bürger mit den Ankömmlingen. Dies ist umso erfreulicher, weil da nichts organisiert ist, nichts von oben verordnet ist. Zugleich suchen viele Politiker nach Ansätzen, um die komplexen Probleme zu lösen. Auch Verwaltungsexperten melden sich zu Wort.

Seit Tagen gibt es ein regelrechtes Potpourri an Vorschlägen. Sie fallen allerdings extrem unterschiedlich aus. Die einen, die sich zu Wort melden, setzen darauf, den Zustrom jener Flüchtlinge vom Balkan, die keine Chance auf eine Anerkennung als Asylbewerber haben, einzudämmen. Dazu muss man sagen, dass dieses Konzept in der Vergangenheit schon nicht allzu erfolgreich war. Die Ausweisung von Balkanländern als sichere Herkunftsstaaten hat zwar dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann im Südwesten jede Menge Ärger mit der eigenen Partei eingehandelt. Die Menschen aus den betroffenen Ländern kommen aber immer noch. Es ist auch sehr zu bezweifeln, ob Flüchtlinge ihren Plan, nach Deutschland zu gehen, aufgeben, wenn es hier im Aufnahmelager weniger Taschengeld gibt.

Vermutlich ist es so: Die Menschen, die weg wollen aus ihrer Heimat, haben ein Bild von Deutschland, das sich nicht so schnell ändern lässt. Auch nicht dadurch, dass die finanziellen Anreize in der ohnehin schwierigen Phase der Ankunft heruntergeschraubt werden. Letztlich ist es so, dass der Schlüssel für die Lösung der Flüchtlingsproblematik in den Herkunftsländern liegt: Die Ursachen der Flucht müssen vor Ort beseitigt werden. Es liegt auf der Hand, dass Arbeitslosigkeit und eine desolate ökonomische Lage etwa im Kosovo nicht innerhalb von wenigen Monaten überwunden werden können. Aber: Rumänien und Bulgarien zeigen, dass allein die Perspektive einer Annäherung an den großen Markt EU und die Brüsseler Strukturanpassungsfonds viele Menschen zum Bleiben in ihrer angestammten Heimat und bei ihren Verwandten bewegt.

Andere Stimmen halten sich nicht lange damit auf, den weiteren Zuzug verhindern zu wollen. Sie planen schon eine Zukunft mit den vielen Menschen im Land. Vereinzelt dürften unter den Flüchtlingen, die aus dem Nahen Osten zu uns kommen, durchaus welche gefunden werden, die zu Fachkräften ausgebildet werden können. Doch die Lösung für den drohenden Fachkräftemangel der Wirtschaft bringt dies sicher nicht.

All das passt jedenfalls nicht zusammen. Unter dem Strich ist festzuhalten, dass es in der Debatte noch munter durcheinander geht und sich ein stimmiges Konzept noch lange nicht abzeichnet. Stattdessen ist eine allgemeine Hilflosigkeit und Überforderung von Politik und Verwaltung mit Händen zu greifen.

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