"Alice im Wunderland" wird 150 Jahre alt Tea-Time mit einem gestressten Kaninchen

London · Das berühmte britische Kinderbuch "Alice im Wunderland" von Charles Lutwidge Dodgson wird 150 Jahre alt.

"Alice im Wunderland" wird 150 Jahre alt: Tea-Time mit einem gestressten Kaninchen
Foto: British Library

Während die siebenjährige Alice am Ufer eines Gewässers sitzt, hastet ein weißes Kaninchen mit roten Augen vorbei, zieht eine Uhr aus der Westentasche und murmelt: "Jemine! Jemine! Ich komme bestimmt zu spät!" Das gelangweilte Mädchen packt die Neugier, es folgt dem Tier in dessen Bau und stürzt in einen Schacht. Es ist der berühmte Sturz ins "Wunderland", eine fantastische Welt voller seltsamen Figuren und ohne Logik - ausgerechnet von einem Mathematiker kreiert.

Es war der Universitätsdozent Charles Lutwidge Dodgson, der am 4. Juli 1962 gemeinsam mit einem Kollegen und den drei kleinen Töchtern des Dekans, Lorina, Charlotte und Alice Liddell, eine Kahnpartie auf der Themse im englischen Oxford unternimmt. Den Schwestern ist an diesem Sommertag langweilig. Alice fordert Unterhaltung, in Kindermanier am liebsten eine Geschichte.

Also erfindet der damals 30-jährige Dodgson eine Katze, dich sich auflöst und von der nur das Grinsen zurückbleibt, eine Wasserpfeife rauchende Raupe und lebendige Spielkarten, die Flamingos als Schläger und Igel als Bälle zum Croquet-Spielen benutzen. Die Heldin, die in Dodgsons grenzenloser Fantasie selbst mal groß wird und mal klein, sitzt ihm gegenüber. Also nennt er sie Alice. Und das Vorbild der literarischen Figur ist es auch, die ihn drängt, die verrückten, spontan erfundenen Abenteuer für sie aufzuschreiben. Gut drei Jahre später, in diesem Monat vor 150 Jahren, wird der Roman, versehen mit den berühmten Illustrationen von John Tenniel, unter dem Autoren-Pseudonym Lewis Carroll veröffentlicht.

Anlässlich des Geburtstags stellt das Londoner British Museum derzeit das Manuskript mit dem Titel "Alice's Adventures Under Ground" aus, das er zwei Jahre nach der Flussfahrt Alice zu Weihnachten schenkte. Daneben zeigt die Schau eine Reihe von Adaptionen, die von Alice inspiriert sind - Maler wie Salvador Dali haben den Klassiker ebenso aufgenommen wie die Beatles oder Zeichner wie Mervyn Peake, der unter dem Einfluss des Zweiten Weltkriegs Alice auf bedrückende Art und Weise darstellte. Disney schuf 1951 den Zeichentrickfilm. Computerspiele, Poster, Spielzeug und vor allem illustrierte Ausgaben zeigen, wie bedeutend Carrolls Klassiker der Kinderbuchliteratur schon zu Lebzeiten des Autors war und bis heute bleibt.

Obwohl kaum jemand die gesamte Geschichte von Alice wiedergeben könne, einzelne Figuren und Szenen hätten sich dennoch ins Bewusstsein eines Jeden eingeprägt, sagt Helen Melody, die Kuratorin der Ausstellung. "Die Charaktere sind ungewöhnlich und surreal, das verstärkt den Kultsymbolcharakter der Geschichte."

Carroll schuf ein damals ungewöhnlich unterhaltendes Kinderbuch. Und einen Exportschlager. "Das Werk ist durch und durch britisch", sagt Melody und verweist auf die Teegesellschaft mit dem verrückten Hutmacher. "Es ist großartig, dass sowohl die Menschen hier im Königreich die Geschichte als britisch identifizieren und sie gleichzeitig auf der ganzen Welt als britisch erkannt wird."

"Alice im Wunderland" reizt nach 150 Jahren noch immer Kinder und Erwachsene gleichermaßen. Vielleicht, so schreibt der "Telegraph", sei die Story deshalb für alle Ewigkeit so anziehend, weil Alice im Wunderland "die Logik der alltäglichen Welt unsinnig und das Absurde herrlich sinnvoll erscheinen lässt".

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