21. Motiv Siegburger Ehrengarde stellt Sessionsorden 2019 vor

Siegburg · Schon seit ihrer Gründung stellt die KG Siegburger Ehrengarde ihre Orden unter das Motto “Siegburg wie es früher einmal war”. Abgebildet werden historische Gebäude, die es heute zwar nicht mehr gibt, die aber dennoch den meisten "Alten" noch bekannt sind.

 Der Orden der Siegburger Ehrengarde in der Session 2018/2019.

Der Orden der Siegburger Ehrengarde in der Session 2018/2019.

Foto: Siegburger Ehrengarde

Für den Orden zur Session 2018/2019 hat sich der Vorstand der Siegburger Ehrengarde ein recht außergewöhnliches Motiv ausgesucht. Zu sehen ist das Prinz-August-Wilhelm-Strandbad am Siegufer, welches im Jahr 1933 etwa an der Stelle errichtet wurde, an der heute das STV-Bootshaus steht. Eingerahmt wird der Orden, wie jedes Jahr, vom Siegburger Stadtwappen sowie dem Wappen der Siegburger Ehrengarde, darüber thront, wie immer, die Abtei auf dem Michaelsberg.

Von "Klein-Scheveningen" zum Oktopus

Zur Erklärung des Ordens und der Motivwahl teilte die Siegburger Ehrengarde in einer Pressemitteilung mit: "Die Geschichte der Siegburger Schwimmbäder beginnt eigentlich bereits mehr als 100 Jahre vor der Entstehung des Prinz-August-Wilhelm-Standbades an der Sieg, genauer gesagt im Jahr 1819. Die Moralvorstellungen in Bezug auf das Baden in der Öffentlichkeit waren damals noch völlig andere als heute und so verwundert es nicht, dass sich in dem besagten Jahr der Siegburger Pastor Eskens in einem Schreiben an den Bürgermeister darüber empörte, dass "... an einem offenen Orte, wo Weibsleute, Kinder, Weiber und Mädchen ihrem Geschäfte obwarten, andere Geschlechtspersonen ganz entblößt sich öffentlich blicken ließen. Indessen ist dies der Fall im hiesigen Mühlengraben. Der da anstoßende Bleichplatz ist mit Weibsleuten jedem Alter besetzt und die Mannspersonen, Erwachsene und Knaben erscheinen dort ganz entblößt, um sich zu baden." Diesem Sündenpfuhle vor den Toren der Stadt, so forderte der Pastor, müsse umgehend Einhalt geboten werden.

Allerdings fanden sich in dieser Zeit in den Akten des Stadtarchivs auch häufig Anzeigen des Landgendarms über das Auffinden von Ertrunkenen in der Sieg und im Mühlengraben. Als Ursache stellte man fest, derartige Badeunfälle seien "fast immer die Folge dessen, dass die betreffenden Leute des Schwimmens unkundig sind" und beantragte den Bau einer Schwimmanstalt. Zusätzlich kam es etwa 1890 zu einem Sinneswandel, weil man erkannte, dass das Baden "im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege und der Förderung des Reinlichkeitssinnes in weiteren Schichten der Bevölkerung" sei. Das Baden und Schwimmen an sich – natürlich in ausreichender Badebekleidung – wurde nunmehr als wünschenswert, ja sogar als für die Volksgesundheit unbedingt notwendig erachtet.

Im Jahr 1896 wurden dann gleich zwei Badeanstalten in Betrieb genommen, eine private des Herrn Wilhelm Kettenus in der Ortslage Teufelsmaar sowie eine städtische in der Sieg nahe des Wasserwerks. Letztere war jedoch eine mobile Einrichtung. Am Ende einer jeden Badesaison wurden die Stege und Umkleidekabinen zu Lasten der Stadtkasse abgebaut und im Frühjahr wieder neu errichtet. Zudem war die Öffentlichkeit mit dieser Einrichtung nicht zufrieden. Für die Männer forderte man eine richtige Schwimmbahn und bei den Frauen hatte man zu beklagen, dass sie nur vormittags zur Benutzung zugelassen seien. Wie sollten sie sich gerade dann den wichtigsten Stunden der Haushaltung entziehen?

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts überlegte man im Bürgermeisteramt eine Änderung und zur Badesaison 1907 konnte ein neues Bad am Mühlengraben eingeweiht werden. Dies fand zunächst großen Anklang in der Bevölkerung, doch in den 1920er-Jahren stiegen die Ansprüche an Badeeinrichtungen. Man wollte richtig schwimmen und mit Kopfsprung starten können, aber dazu reichten die vorhandenen Maße nicht aus. Deshalb zogen es viele Menschen vor, lieber wild an Agger und Sieg zu baden, was wiederum zu Beschwerden wegen "unsittlichen Verhaltens" führte. Deshalb beauftragte die Stadt nach langen Beratungen 1932 ihr eigenes Bauamt, mit höchster Priorität Baupläne zur Errichtung eines Strandbades an der Sieg im Bereich der Wolsberge zu erarbeiten. Am 10. Juni 1933 gab es in Siegburg dann eine neue Attraktion: Das Prinz-August-Wilhelm-Strandbad an der Sieg, benannt nach dem vierten Sohn von Kaiser Wilhelm II. und Kaiserin Viktoria, mit vollem Namen August Wilhelm Heinrich Günther Viktor Prinz von Preußen (*29.1.1887, † 25.3.1949). Der Prinz stimmte, wenn auch etwas verspätet, telegraphisch mit den Worten zu: "Antrag erst heute bei Rückkehr vorgefunden. Nehme Ehrung dankend an."

"Klein-Scheveningen" nannte der Bürgermeister im Jahr darauf die Anlage, die nun noch um eine Rutschbahn und ein Lokal, das heute noch bestehende Alpenhaus, erweitert worden war. 1944 fiel die Freibadsaison kriegsbedingt aus. Die Anlage selbst wurde besonders durch die Artilleriekämpfe in den letzten Kriegswochen 1945 um Siegburg schwer beschädigt und erst 1951 wieder in Betrieb genommen. Doch die Freude währte nur kurz, denn schon bald hob ein Gutachter die Typhus-Gefahr hervor, welche durch die Einleitung der gesamten ungeklärten Abwässer der in der Nachkriegszeit angelegten Siedlung Marienfried und der im Haus zur Mühlen untergebrachten Isolierstation des Siegburger Krankenhauses oberhalb des Strandbades in die Sieg bestand.

Aufgrund eines Schreibens des Kreis-Gesundheitsamtes musste die Stadt davon ausgehen, dass ab dem nächsten Jahr ein generelles Badeverbot die weitere Betreibung des städtischen Strandbades unsinnig erscheinen lassen würde. Das war das Aus für Siegburgs "Klein-Scheveningen"! Die Freibadfreunde sahen aber in derselben Sitzung bereits Morgenrot am Badehimmel: Im nächsten Punkt der Tagesordnung wurde über Grundstücksverhandlungen berichtet, ein großflächiges Gelände an der Zeithstraße zum Bau eines neuen Freibades zu erwerben, eines Bades, welches erstmals in der Geschichte der Stadt nicht mehr vom Wasser der Sieg gespeist werden würde."

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