Kampf gegen die Dschihadisten Doppelte Verstärkung für Kobane

ISTANBUL · Der Beginn des Einsatzes der nordirakischen Peschmerga-Soldaten für die eingekesselte syrische Stadt Kobane glich einem Triumphzug.

Die Finger an den ausgestreckten Armen zum Siegeszeichen geformt und von kurdischen Zuschauern begeistert beklatscht, überquerten die mit schweren Waffen wie Artillerie, Raketenwerfern und schweren Maschinengewehren beladenen Fahrzeuge der Peschmerga gestern die Grenze zwischen dem Nordirak und der Türkei. Über türkische Straßen fuhren sie Richtung Kobane, wo eine weitere Gruppe von Peschmerga bereits wartete. Die erste vom Westen unterstützte Intervention ausländischer Bodentruppen im syrischen Bürgerkrieg beginnt.

Insgesamt etwa 150 Kurdenkämpfer aus Nordirak und ihr Gerät begannen gestern ihren Einsatz in Kobane gegen den "Islamischen Staat" (IS). Schon vor den Peschmerga kam am selben Tag fast unbemerkt eine andere Truppe in Kobane an: Ein Konvoi mit 200 Kämpfern der "Freien Syrischen Armee" (FSA) will ebenfalls am Kampf gegen den IS teilnehmen.

Zum ersten Mal seit Beginn der Belagerung der nordsyrischen Stadt vor anderthalb Monaten erhalten die Kurden in Kobane damit Hilfe durch Bodentruppen von außerhalb. Bisher mussten sie sich vor allem auf ihre im Vergleich zum Arsenal des IS leichten Waffen und auf die Luftangriffe der US-geführten Allianz verlassen. Das reichte, um den Angriff des IS zu stoppen. Allerdings kontrollieren die Dschihadisten nach wie vor mehr als ein Drittel der Stadt. Nun wird sich die Kurden-Truppe in Kobane erstmals mit Artillerie und Raketen wehren können.

Militärisch und psychologisch könnte die Hilfe den kurdischen Verteidigern von Kobane einen großen Schub geben. Doch mittelfristig dürfte es schwer werden, die diversen beteiligten Gruppen und deren unterschiedliche Interessen unter einem Hut zu halten. Die Türkei beispielsweise stimmte nur zögernd der Hilfe für Kobane zu. Viele Kurden werfen dem Land vor, den IS zu unterstützen, um die kurdische Selbstverwaltung in Nordsyrien zerschlagen zu lassen.

Ankara befürchtet, dass der Abwehrkampf der Kurden gegen die Dschihadisten die Rebellen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und deren Verbündete in Kobane aufwerten und dem Traum von einem Kurdenstaat Auftrieb geben könnte. Kurdische Medien zitierten den Chef der kurdischen Verteidiger von Kobane, Ismet Shex Hesen, mit den Worten, er wünsche sich, dass die Ankunft der Peschmerga in der Stadt der Anfang zur Bildung von gesamt-kurdischen Streitkräften bilde.

Wie gespannt die Stimmung ist, zeigte sich bei der Ankunft der Peschmerga am irakisch-türkischen Grenzübergang Habur. Kurdische Demonstranten, die die Peschmerga freudig begrüßten, bewarfen türkische Sicherheitskräfte mit Steinen. Die Polizei antwortete mit Warnschüssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Planlose Reformidee
Kommentar zum Abtreibungsgesetz Planlose Reformidee
Zum Thema
Stärker unterstützen
Kommentar zur Lage in der Pflege Stärker unterstützen
Aus dem Ressort