Interview Den Oscar hätten wir gerne

Los Angeles · US-Regisseurin Laura Poitras half Edward Snowden, die massive Überwachung durch amerikanische Geheimdienste aufzudecken. Die Berliner Dirk Wilutzky und Mathilde Bonnefoy produzierten die Doku "Citizenfour".

In Berlin ist die Dokumentation "Citizenfour" entstanden. Hier arbeitete die US-Regisseurin Laura Poitras eng mit dem Berliner Produzententeam Dirk Wilutzky und Mathilde Bonnefoy, die auch für den Schnitt verantwortlich war. Whistleblower Edward Snowden, der über geheime Überwachungsprogramme der NSA und anderer Nachrichtendienste auspackte, lebt inzwischen in Russland, wo er Asyl bekam. Mit seinen Enthüllungen werde Snowden "als Ikone für den Kampf um Demokratie" in die Geschichtsbücher eingehen, sagte Wilutzky im Interview der Deutschen Presse-Agentur in Los Angeles. Nun hoffen sie alle auf den Oscar für die beste Dokumentation.

"Citizenfour" und Oscar-Rummel - wie passt das zusammen?
Dirk Wilutzky: Es ist tatsächlich seltsam, mit einem sehr dunklen Film in diesen Trubel hier zu geraten. Aber nun steigen wir darauf ein und jetzt würden wir auch gerne gewinnen. Wir sind schon weit gekommen und haben viele Preise gewonnen, es wäre schön, auch diesen letzten zu bekommen.

Was würde ein Oscar für "Citizenfour" und Edward Snowden bedeuten?
Wilutzky: Es wäre sehr gut für die weitere Aufmerksamkeit auch in Deutschland. Dort sind wir seit dem Kinostart im November immerhin noch in 70 Kinos vertreten. Für Snowden wäre es politisch gesehen sehr wichtig, dass er diese Art von Anerkennung hier in Amerika bekommt, vor allem für die Verhandlungen, die er führt, um doch irgendwann in seine Heimat zurückzukommen.

Wie wichtig war ihr Berliner Team für die Entstehung des Film?
Wilutzky: "Citizenfour" hätte nirgendwo anders als in Deutschland gemacht werden können. Wir hatten Hilfe vom NDR und auch vom Deutschen Filmförderfonds. Aber vor allem bot Deutschland als eines der wenigen Länder der Welt Sicherheit. Es gibt klare Gesetze, so dass Journalisten und Filmemacher ihr Material vor den aufdringlichen Blicken von Behörden schützen können.

Wie vorsichtig mussten Sie arbeiten?
Wilutzky: Wir haben nicht wirklich Angst gehabt, aber wir haben alles in unserer Berliner Wohnung und dem Büro gleich nebenan produziert. Es war uns klar, dass wir von Geheimdiensten total überwacht wurden. Ich habe in dem Moment die Entscheidung getroffen, darauf keine Rücksicht zu nehmen und mich nicht zu verstecken.

Was hat der Film Ihrer Meinung nach bewirken können?
Wilutzky: Ich glaube, er hat den Zuschauern klar gemacht, dass Snowden und die Leute um ihn herum, Laura und der Journalist Glenn Greenwald, eine Art patriotischer und demokratischer Notwehr leisten. Sie wollen Errungenschaften, die hier in Amerika in der Verfassung garantiert sind, auch weiterhin verteidigen. Der Verstoß gegen Privatheit ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Damit wird das Funktionieren der Demokratie gefährdet.

"Citizenfour" ist eine deutsch-amerikanische Produktion. Im Rennen um den Doku-Oscar ist auch Wim Wenders' Film "Das Salz der Erde". Zwei Deutsche im Wettkampf?
Wilutzky: Wenn wir den Oscar nicht bekommen, dann wünsche ich wirklich, dass Wim gewinnt. Er hat in seinem Leben wunderbare Filme gemacht, von denen wir alle inspiriert wurden. Durch ihn habe ich zum Film gefunden. Das ist natürlich eine besondere Ehre, gegen ihn anzutreten.

Haben Sie schon das richtige Outfit für Sonntag?
Wilutzky: Mathilde und Laura hatten große Bedenken wegen ihrer Oscar-Kleider. Heute haben wir sehr viel Zeit in verschiedenen Kaufhäusern verbracht und das Problem auf elegante und überraschende Weise gelöst. Aber mehr darf ich nicht verraten. Das fällt unter die totale Geheimhaltung. Wir sind es von "Citizenfour" schließlich gewöhnt, alles bis zuletzt geheim zu halten.

ZUR PERSON: Dirk Wilutzky (50) ist Filmproduzent und Regisseur in Berlin. Nach dem Philosophie- und Rhetorikstudium arbeitete er vor allem an Dokumentationen. Die letzten Jahre wirkte er an der Kurz-Doku-Reihe "Was tun?" des Fernsehsenders Arte mit. Er ist mit seiner Kollegin Mathilde Bonnefoy verheiratet.

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