Gespräche mit den Geldgebern Athen bewegt sich doch

BRÜSSEL · Man sitzt wieder zusammen - und erstmals sprechen auch die Kontrolleure Athens von "Bewegung" und "einem konstruktiven Geist". Seit Donnerstag verhandeln die Vertreter der griechischen Regierung mit den Unterhändlern der einstigen Troika.

"Wir sprechen nicht mehr von Wochen, sondern von Tagen", sagte ein hochrangiges Mitglied der Eurogruppe. Bis zum 11. Mai müsse eine Einigung stehen, bis zum 31. Mai brauche man eine Übereinstimmung über ein drittes Hilfspaket über mutmaßlich 20 Milliarden Euro. Nur dann könnten die beteiligten Euro-Staaten die Gelder zügig beraten und bewilligen, so dass Athen am 1. Juli darüber verfügen dürfte.

Dass "der Druck wächst" und "die Zeit abläuft" - all das hat man schon zig Mal gehört. Doch bei dieser Beratungsrunde hofft man auf Fortschritte, die Ministerpräsident Alexis Tsipras angekündigt hatte. Sehr bald schon soll eine Einigung stehen.

Griechenland, dessen Bonität in der vergangenen Woche von der US-Ratingagentur Moody's auf das Ramschniveau der Klasse Caa2 heruntergestuft worden war, steht mit dem Rücken zur Wand. Denn die Klassifizierung der amerikanischen Prüfer bedeutet nichts anderes als das fehlende Vertrauen in eine Einigung mit den Geldgebern.

Doch jetzt mehren sich erstmals die Signale dafür, dass eine Verständigung in letzter Minute doch noch klappen könnte. Die stellvertretende Finanzministerin Nadia Vaxevani kündigte Schritte an, die zur "weitgehenden, wenn nicht völligen Aufhebung" des Bankgeheimnisses führen sollen. Demnach werden alle Guthaben bei griechischen Banken für den Zugriff der Behörden geöffnet.

Gelder, die an der Steuer vorbei eingenommen, überwiesen oder ins Ausland transferiert wurden, seien nun "einsehbar", heißt es. Man werde bis zu zehn Jahre zurückgehen. Auch Immobilien, deren Kaufpreis gegenüber den Ämtern künstlich angehoben wurde, sollen ausfindig gemacht werden. Gleichzeitig legte der eigens ernannte Minister für die Korruptionsbekämpfung eine erste Bilanz nach der Durchsicht von rund 30 000 Akten in nur fünf Wochen vor: In 5500 Fällen seien seine Leute fündig geworden, heißt es.

Die Summe der hinterzogenen Steuereinnahmen wird mit sieben Milliarden Euro angegeben. Ein Bauunternehmer und Medienmogul soll mit einer Nachzahlungsforderung über 1,8 Millionen Euro überrascht worden sein.

"Wir haben in den letzten Wochen eine weitgehende Annäherung mit den Geldgebern, aber noch keine Einigung erzielt", betonte Finanzminister Gianis Varoufakis.

Das liege vor allem an der unterschiedlichen Herangehensweise der Institutionen und der hellenischen Regierung. Während die EU-Kommission, die EZB und der IWF davon überzeugt seien, dass man die Einkommen und Löhne senken müsse, um die Wirtschaft in Schwung zu bekommen, gehe man in Athen vom Gegenteil aus: Das System brauche schlicht und einfach mehr Geld - nicht weniger.

Allerdings zweifelt auch der umstrittene Finanzminister, der Gerüchten über seine Entmachtung entgegentrat ("Ich gebe den Ton an"), nicht daran, dass das "Rentensystem rationalisiert, die staatliche Beteiligung teilprivatisiert und etwas gegen die Kreditklemme getan werden" müsse. Im Kreis der Institutionen wurde die Analyse kaum beachtet.

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