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Ware Mensch: Grenzgeschichte zweier Verlierer

Ulrich Seidel ("Hundstage") schaut auch bei seinem neuesten Sozialdrama auf missliche Lebensumstände in Ost und West, die gemeinhin im Kino gerne ausgespart werden. Sein Drama erzählt die gegenläufige Grenzgeschichte zweier Verlierer im umgekrempelten Ost-West-Gefüge.

Der etwas antriebsschwache Jugendliche Pauli (Paul Hofmann) verliert unverschuldet seinen Job bei einer Wiener Sicherheitsfirma und versorgt nun gemeinsam mit seinem zwielichtigen Stiefvater die Ukraine mit ausrangierten Spielautomaten. Die Touren im klapprigen Kleinbus bringen kaum Geld ein, dennoch gebärden sich die beiden Wiener in schäbigen Hoteldiscos vor Prostituierten als großkotzige Westler.

In die andere Richtung nach Wien bewegt sich Olga (Ekateryna Rak). Nachdem die Krankenschwester zu Hause ständig auf ihren Lohn warten muss, versucht sie sich an verschiedenen Jobs vom Online-Sex bis zum privaten Dienstmädchen, bis sie als Putzhilfe auf einer Wiener Sterbestation für Demenzkranke landet. Auch wenn es Seidel um die unverfälschte Inszenierung von Wirklichkeit geht, wirken die realen Kranken in der Station und die Menschen in den verrotteten Wohnsilos in der Ukraine wie ausgestellt.

Seine Wirkung verfehlt Seidels gewagter Drahtseilakt allerdings nicht: Brutaler und nachdrücklicher als bei dem Österreicher wurde einem der Warencharakter des Menschen selten vor Augen geführt.

(Film-Kritik aus dem General-Anzeiger)

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