Mit einem Jäger auf der Pirsch
Bei Tagesanbruch zwitschern Vögel, und Wildschweine ziehen vorbei.
An diesem März-Tag stehe ich schon um 4.15 Uhr auf - ich habe etwas Besonderes vor. Ich bereite mir eine Wärmflasche und eine Kanne Tee und ziehe mich sehr warm an.
Um kurz vor fünf Uhr holt mich Sascha Decker ab. Sascha ist von Beruf Maschinenbaumeister, jedoch geht es um sein Hobby, das Jagen. Er hat seine Leidenschaft für das Jagen von seinem Vater und seinem Großvater übernommen, die beide auch Jäger waren. Sein Vater nahm ihn schon früh auf die Jagd mit, also wurde in ihm schon als Kind das Interesse geweckt.
Mit 17 Jahren hat er bei seinem Vater den Jugendjagdschein gemacht, den man ab dem 16. Lebensjahr absolvieren kann. Für diesen Jagdschein geht man sechs Monate bei einem Lehrprinzen - so nennt man den Ausbilder - in die Lehre. Danach muss man drei Prüfungen bestehen, eine schriftliche, eine mündliche und eine Schießprüfung.
Auch Sascha hat schon mehrere Jugendliche selbst ausgebildet. Man kann auch eine Jagdschule für mehrere Wochen besuchen, um einen Jagdschein zu erhalten - mit jedoch weniger Wissen als bei der Ausbildung durch einen Lehrprinzen.
Nachdem ich meine Sachen zusammengepackt habe, fahren wir in den Rheinbrohler Wald. Auf der Fahrt wird mir erklärt, dass wir die Autotüren leise schließen müssen und auf dem Weg zu dem Hochsitz nicht reden dürfen, da die Tiere sonst verschreckt würden. Als ich aus dem Auto steige, bemerke ich schon den starken Wind, der alles nochmal kälter erscheinen lässt. Es riecht frisch und nach Wald und da es noch ziemlich dunkel ist, sehe ich nicht viel, nur die Lichter der Stadt, die weit entfernt hell leuchten.
Sascha holt seine Jagdwaffe, seinen Hund Futzi und die zwei Ansitzsäcke aus dem Auto und wir gehen los. An dem Hochsitz angekommen steigen wir die Leiter hoch - der Hochsitz ist höher, als ich dachte, und man merkt den starken, kühlen Wind noch stärker als auf dem Boden, denn der Hochsitz wackelt ein bisschen. In der kleinen Kabine des Hochsitzes ziehe ich meine Schuhe aus, werfe die Wärmflasche in den Ansitzsack und ziehe ihn mir über. Ein Ansitzsack ist im unteren Bereich wie ein Schlafsack, nur wärmer und aus Stoff, der obere Teil ist eine warme Jacke. Der Ansitzsack ist ein bisschen zu groß, hält mich aber schön warm.
Auf die Wärmflasche am Boden stelle ich meine Füße, damit mir nicht kalt wird, da ich mich nicht viel bewegen werde. Futzi legt sich an meine Füße und schläft noch ein wenig. Sascha sitzt links neben mir und öffnet die Fenster, eins links neben ihm, eins vor uns und ein kleineres direkt neben mir.
Sofort spüre ich wieder den kalten Wind an meinem rechten Ohr, aber ich kann auch wunderbar auf die schönen Lichter der Stadt unter uns schauen. Trotz des starken Windes und obwohl der Hochsitz teilweise stark schwankt, ist es entspannend, im Hochsitz zu sitzen, die Wiesen vor mir und die Lichter der Stadt zu beobachten und den Waldgeruch wahrzunehmen.
Der Großteil bei der Jagd besteht darin, zu warten, bis Wild vorbeizieht und man schießen kann. In dieser Wartezeit beobachte ich den Waldrand und die Stadt mit einem Fernglas, durch die Dunkelheit kann man jedoch noch nicht viel am Waldrand erkennen. Plötzlich kommt ein sehr starker Windstoß auf, so dass ich kurz Angst habe, der Hochsitz fällt um. Der Wind wird immer kräftiger und Sascha meint, dass es sein könne, dass heute kein Wild unterwegs sei, da es zu windig ist. Das wäre schade!
Als es ganz langsam heller wird, kann man mit der Zeit auch die Vögel zwitschern hören, dieser Moment hat etwas Magisches. Außerdem kann man jetzt den Waldrand besser erkennen. Um kurz vor sieben Uhr tippt mich Sascha an und deutet auf das Fenster links. Als ich nach draußen blicke, sehe ich zwei Wildschweine mit zirka zehn Frischlingen. In diesem Moment freue ich mich riesig! Sascha erklärt mir, dass das zwei Säue sind, das heißt zwei weibliche Wildschweine, mit ihren Kindern. Er sagt nachher auch, er hätte wohl einen Frischling schießen können; hat er aber nicht, da die Wildschweine nur friedlich vorbeigezogen sind.
Auch Futzi hat die Säue bemerkt, er konnte sie zwar nicht sehen, aber riechen. Nachdem die Wildschweine vorbeigezogen sind, beginne ich langsam zu frieren, da wir uns nicht bewegt haben, und auch meine Wärmflasche sich abkühlte. Daher entschließen wir uns, nach Hause zu fahren.
Wir ziehen also die Ansitzsäcke wieder aus, packen alles zusammen und schließen die Fenster, sofort wird es windstiller. Als ich jedoch die Tür öffne, kommt mir schlagartig wieder der starke Wind entgegen und der Hochsitz wackelt erneut gewaltig. Ich steige vorsichtig die Leiter hinab und bin froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen habe.
Ich warte, bis Sascha und Futzi auch wieder unten sind, wir gehen zum Auto und fahren zurück nach Hause. Um 7.30 Uhr bin ich zurück, ich bin zwar müde, aber es hat sich gelohnt, früh aufzustehen, denn es war ein besonderes Erlebnis, das ich gerne wiederholen will.
Martinus-Gymnasium Linz, Klasse 9a